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Altägyptischer Kalender

In vielen antiken Kulturen orientierte man sich primär am Mondkalender, jedoch nicht im Alten Ägypten. Er wurde zwar verwendet, aber nicht an erster Stelle. Man orientierte sich vorwiegend am bürgerlichen Kalender (auch Verwaltungskalender), der sehr einfach aufgebaut war. Im folgenden Artikel geht es um die Zeitrechnung zweier altägyptischer Kalender. Beide genannten Kalender wurden parallel verwendet, wenn auch in unterschiedlichen Kontexten. Auch wird der Frage nachgegangen, wie lange eigentlich ein altägyptischer Tag dauerte.

Ägyptischer Kalender
©Uni Dia Verlag Nr. 20134; Karnak. Festkalender, Übersicht

Wie lange dauerte ein altägyptischer Tag?

Ein altägyptischer Tag dauerte 12 Tages- und 12 Nachtstunden, bestand also aus insgesamt 24 Stunden. Die Tagesstunden begannen mit dem Sonnenaufgang und dauerten bis zum Sonnenuntergang. Dann folgten die 12 Nachtstunden.

So konnten die Stunden des altägyptischen Tages genauso gezählt werden, wie wir das heute tun. Sie lassen sich zum Beispiel zwischen zwei Uhrzeiten mit einem Stundenrechner online ausrechnen. Das gilt auch für das Ermitteln der Stunden zwischen zwei Ereignissen, die mehrere Tage, Wochen oder Monate auseinander liegen. Allerdings schwankte die Länge der Stunde im Alten Ägypten. Eine Stunde war im Alten Ägypten nicht immer gleich lang.

Online Stunden- und Minutenrechner


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Länge der Tages- und Nachtstunden

Da die Alten Ägypter sich nach der Sichtbarkeit der Sonne richteten, schwankte die durchschnittliche Länge einer altägyptischen Stunde zwischen 1 Std. 9 Min und 51 Minuten. Das hing von der Jahreszeit ab. Jeder Stunde wurde eine Stundengöttin zugeordnet. Den Stundengöttinnen wurden z. B. schützende Funktionen (z. B. für Verstorbene) zugeschrieben.

Sichtbarkeit des Tages und der Nacht

Allerdings gab es einen wichtigen Unterschied. Das Datum eines Tages wechselte nicht um Mitternacht, wie wir es heute kennen, sondern es wechselte mit dem Sonnenaufgang! Der Sonnenaufgang wurde also nicht nur mit einem neuen Tag, sondern auch mit einem neuen Datum verknüpft.

Ägyptischer Kalender -Morgendämmerung
Die Sonne hat in der Morgendämmerung die Dunkelheit noch nicht vollständig besiegt.

Für den Alten Ägypter war dann Tag, wenn der Sonnengott Re erschien, d. h. wenn die Sonne aufgegangen und sichtbar war. Das drückte sich auch in ihrer Sprache aus. Der sprachliche Ausdruck „jeden Tag“ konnte auch synonym mit „jede Sonne“ ersetzt werden. Beispiel: Ich gehe jeden Tag spazieren = Ich gehe jede Sonne spazieren.

Morgen- und Abenddämmerung

Das Hellwerden, also während die Sonne aufgeht, markierte die 12. Stunde der Nacht. Denn die Dunkelheit war nicht ganz besiegt; es floss noch Blut, welches die Morgendämmerung in rötliche Farben tauchte. Entsprechend war die Zeit des Sonnenuntergangs die 12. Stunde des Tages; die zweite Tageshälfte stand bevor, die Dunkelheit, welche auf Re folgte und die er jede Nacht durchqueren und besiegen musste.

Die Nachtbarke fährt durch Duat, die Unterwelt.
Die Nachtbarke fährt durch die Unterwelt (Duat).

Die Sonnenbarke

Die Sonnenbarke ist das altägyptische Symbol für den Lauf der Sonne. Die Abenddämmerung ist der Eintritt in die Duat, d. h. in die Unterwelt bzw. ins Jenseits. In der Nacht befindet sich der Sonnengott auf der Nachtbarke und am Tage auf der Tagesbarke. Es findet also ein Wechsel der Barken statt, nachdem die Sonne auf- bzw. untergegangen war.

Altägyptischer Kalender: Der Bürgerliche

Im Laufe der langen altägyptischen Geschichte entstanden unterschiedliche Kalenderformate, wobei der Alte Ägypter vorwiegend den bürgerlichen Kalender und den Mondkalender verwendete.

Der bürgerliche Kalender (auch Verwaltungskalender) besticht durch seine Einfachheit:

  • Das altägyptische Jahr wird unterteilt in drei Jahreszeiten.
  • Jede Jahreszeit besteht aus vier Monaten.
  • Jeder Monat hat 30 Tage und war in 3 Dekaden eingeteilt zu je 10 Tagen.

Altägyptischer Kalender hat 365 Tage im Jahr

So kommen wir auf eine Summe von 360 Tagen (30 x 4 = 120 x 3 = 360). Doch der Alte Ägypter rechnete am Ende des Jahres 5 Tage hinzu, sodass (auch) das altägyptische Jahr 365 Tage zählte. Das Schaltjahr kannte man zur damaligen Zeit noch nicht. Es kam erst mit der Einführung des gregorianischen Kalenders durch Papst Gregor XIII 1582 in unsere heutige Kalenderrechnung. Das bedeutet, dass alle 4 Jahre ein zusätzlicher Schalttag (der 29. Februar) hinzugefügt wird, sodass das Jahr im Schaltjahr 366 Tage zählt.

Davon war man also im Alten Ägypten noch weit entfernt. Das Jahr hatte immer 365 Tage. Die 5 zusätzlichen Tage, welche der Alte Ägypter am Ende des Jahres hinzufügte, lassen sich unterschiedlich übersetzen:

  • Im Ägyptischen bedeutet die Schreibweise der 5 Tage: „die fünf Tage, die auf dem Jahr drauf sind“.
  • In der demotischen Sprache, der gesprochenen Sprache der griechisch-römischen Zeit, findet man die Formulierung: „die fünf Festtage“.

Es war also nicht klar, ob diese 5 Tage einen eigenen Bereich im Kalender einnahmen (5 Festtage bzw. Fest) oder einfach dem letzten Monat im Jahr hinzugerechnet wurden (5 Tage, die auf dem Jahr drauf sind). Man findet wohl Gründe für beide Sichtweisen und vermutlich hatten beide Sichtweisen im Alten Ägypten ihre Daseinsberechtigung.

Ägyptischer Kalender - Sonnenlauf
Der Sonnenlauf durch die Tages- und Nachtstunden.

Die 5 zusätzlichen Tage

Um die 5 zusätzlichen Tage (sogenannte Epagomenentage) ranken sich einige Mythen und Versuche, Geburten wichtiger Göttern zuzuordnen, z. B. von Osiris, Horus, Seth, Isis und Nephthys. Auch galt diese Zeit als besonders anfällig für Gefahren und Dämonen. Das lag daran, dass das alte Jahr sich dem Ende zuneigte (= immer schwächer wurde) und ein neues Jahr kurz bevorstand. Abhilfe sollten bestimmte Schutzrituale schaffen, die man in dieser Zeit zelebrierte.

Einteilung in drei Jahreszeiten

Man ist sich darüber einige, dass das altägyptische Jahr mit der Überschwemmung des Nils begann. Dann folgte der Sommer (Aussaat) und anschließend der Winter (Ernte). In manchen Schriften wird das altägyptische Jahr in zwei Teile geteilt, in die warme und kalte Jahreszeit, wie auch wir es aus unserem Sprachgebrauch kennen.

Altägyptischer Kalender: Zählung der Jahre

Der ungeschaltete altägyptische Kalender mit 365 Tagen fing mit der Zählung der Jahre von vorne – also mit 1 an, wenn die Regierungszeit wechselte und ein neuer Herrscher den Thron bestieg, bzw. gekrönt wurde. Denn beides, eine Thronbesteigung und eine Krönung wichen oft zeitlich voneinander ab, da ein verstorbener Pharao zuerst die Totenriten empfing. Erst, wenn er in den Himmel aufgestiegen und bei den Göttern war, konnte die Krönung des neuen Königs erfolgen. Das Datum der Krönung wurde als Beginn der neuen Regierungszeit genommen und nicht das Datum der Thronbesteigung.

Gott altägyptischer Kalender ist Thot
Thot ist der ibisköpfige Gott der Zeitrechnung – hier rechts im Bild mit Schreibfeder in der Hand.

Altägyptischer Kalender: Mondkalender

Auch der Mondkalender wurde im Alten Ägypten verwendet; er war parallel zu anderen Kalenderformaten gebräuchlich. Der Monatsanfang wurde immer durch dieselbe Mondphase definiert. Bei den Alten Ägyptern war der Anfang durch die Nichtsichtbarkeit des Mondes gekennzeichnet. Der Monat endete mit dem Altlicht. Das war ungewöhnlich, da die meisten Mondkalender anderer Kulturen mit dem Neulicht begingen.

  • Unter Neulicht versteht man das Licht, das man zum ersten Mal sieht, wenn der Mond wieder zunimmt, also die schmale Sichel wieder zu sehen ist.
  • Unter Altlicht versteht man das Licht der Mondsichel, das man zuletzt sehen kann, bevor wieder das Neulicht erscheint.

Beginn des Kalenderjahres

Auch im Mondkalender beginnt das Kalenderjahr mit der Nilschwemme. Die Nilschwemme stand in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit Sothis, dem Aufgang des hellsten Sterns am Nachthimmel (= Sirius, der Hundsstern). In den älteren Kalendern Ägyptens beginnt das Jahr mit dem aufgegangenen Stern Sothis. Daher spricht man auch vom Sothis-Mondkalender.

Beginn des Tages

Der Tag im Alten Ägypten begann immer mit dem Aufgehen der Sonne, unabhängig davon, welcher Kalender zur Anwendung kam. Da man sich an dem sichtbaren Mond orientierte, begann die Tages- und Monatszählung stets vor dem Tage bzw. vor dem Monat, der dadurch bestimmt wurde:

  • Die Nacht, in der der Mond zum Neumond wird (vor Sonnenaufgang), war die letzte Nacht im Monat.
  • Der Aufgang des Sirius fand immer am Ende des altägyptischen Jahres statt, also im 12. Monat. Mit dem Monatsbeginn begann dann das neue Jahr.

Als Vollmondtag wurde stets der 15. eines Monats gezählt.

Festtage im Mondkalender

Mithilfe des Mondkalenders wurden jeden Monat, passend zum Mondzyklus, ganz besondere Feste gefeiert. Einige Beispiele:

  • 1. Tag – Neumond: Tod / Tag der Erneuerung des Horus;
  • 2. Tag – Geburt von Horus;
  • 15. Tag – Vollmond (Vereinigung beider Stiere – das Auge von Horus ist geheilt und das Auge von Re gefüllt).

Sinn verschiedener, altägyptischer Kalender

Die beiden beschriebenen altägyptischen Kalender – Bürgerlicher Kalender und Mondkalender – hatten unterschiedliche Funktionen. Der bürgerliche Kalender (Verwaltungskalender) wurde in der Verwaltung und in geschäftlichen Angelegenheiten genutzt. Er bildete die Grundlage der Jahresrechnung und war auch wichtig für die Landwirtschaft. Mithilfe des Mondkalenders feierte man ganz besondere Feste und unterstützte den zyklischen Mondlauf durch bestimmte Riten.

Diese Zuordnung ist zwar noch grob, doch sie gibt einen ersten Überblick, was die unterschiedlichen Schwerpunkte bei der Verwendung unterschiedlicher Kalender sein können. Auch heute kennen wir Kulturen, die mit zwei Kalendern leben. Ein gutes Beispiel ist China, das sich nach wie vor auch nach seinem traditionellen Mondkalender richtet.

Ägyptische Götter der Zeitrechnung

Der altägyptische Gott der Zeitrechnung ist Thot, der Gott des Wissens. Er vereinigt sehr viele Funktionen in sich, die mit Wissen zu tun haben. Dazu gehört das Schreiben, Zählen und Rechnen. Enge Beziehungen bestehen zu Seschat, der ägyptischen Göttin der Rechen- und Schreibkunst. Manchmal ist sie seine Gefährtin oder Schwester, manchmal seine Mutter.

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Quellen

  • Der ägyptische bürgerliche Kalender – Forschungsstand, Probleme und Perspektiven (pdf.), von Joachim Friedrich Quack, Heidelberg (Archiv Uni-Heidelberg, aufgerufen am 03.02.2024). -> Originalveröffentlichung in: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft 168, 2018, S. 15-40; Online-Veröffentlichung auf Propylaeum-DOK (2023), DOI: https://doi.org/10.11588/propylaeumdok.00005838
  • Wikipedia (Ägyptischer Kalender, zuletzt aktualisiert: 12. Dezember 2023), Kalender im Alten Ägypten.
  • Wikipedia (zuletzt aktualisiert: 25. Juni 2023), Mondkalender.
  • Wikipedia (zuletzt aktualisiert: 29.01.2024), Tag (Altes Ägypten).
  • Assmann, Jan (1991), „Stein und Zeit“ Mensch und Gesellschaft im Alten Ägypten, 3. Auflage 2003, Wilhelm Fink Verlag, München.