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Vereinigung der beiden Länder

Die Vereinigung der beiden Länder, das Niltal im Süden und das Nildelta im Norden, steht für den Zusammenschluss (Reichseinigung) von Ober- und Unterägypten und markiert damit den Anfang der ägyptischen Geschichte. Diese historische Vereinigung spielte im kulturellen Gedächtnis der Alten Ägypter eine wichtige Rolle. Die Vereinigung der beiden Länder wurde zum Bestandteil der Riten bei der Krönung des Pharaos und anderer Feste. Sie war Voraussetzung für die Krönung des Pharao mit der Krone von Ober- und von Unterägypten.

Diese Reichseinigung wurde gerne durch duale Symbole, die Ober- bzw. Unterägypten zugeordnet wurden, ausgedrückt und auf vielen Monumenten bildlich dargestellt.

Wie alles begann – Reichseinigung im Alten Ägypten

Der Beginn der altägyptischen Geschichte steht unter dem Zeichen der Vereinigung von Ober- und Unterägypten (ca. 3.100 v. Chr.). Das Land war also geteilt in einen südlichen Teil, Oberägypten, und in einen nördlichen Teil, Unterägypten. Wie genau die geografischen Grenzen dazumal verliefen, ist bis heute unklar und strittig. Doch ab diesem Zeitpunkt wurde die altägyptische Geschichte in einzelne Dynastien eingeteilt.

Hinsichtlich der ersten Reichseinigung der beiden Landesteile von Ober- und Unterägypten tauchen oft drei bzw. vier Königsnamen auf: Menes, Narmer, Aha und Skorpion. Es könnte sein, dass es sich bei Menes, Narmer und Aha um ein und dieselbe Person handelt, doch das lässt sich nicht sicher belegen, da in der Prädynastik, also in der Zeit vor der 1. Dynastie, die ägyptischen Herrscher mit ihrem Horusnamen genannt wurden. Es könnten aber auch mehrere Herrscher gewesen sein, die das geteilte Ägypten vereinigten.

Reichseinigung durch Narmer

Einige Ägyptologen sehen in Narmer den letzten Pharao der 0. Dynastie. Wiederum andere Ägyptologen sehen ihn als den ersten König der 1. Dynastie. Doch er ist nicht in den Königslisten enthalten und steht am Ende der Vorgeschichte des Alten Ägyptens. Unabhängig davon, welcher Zeit und Dynastie man Narmer zuordnet, gilt er als einer der ersten, der die beiden Reiche miteinander verbunden hat. Beweisstück und verantwortlich dafür ist ein sehr gut erhaltenes Fundstück, die berühmte Narmer-Palette. Dabei handelt es sich um eine Schminkpalette (auch Prunkpalette) aus poliertem Schiefer, wo der König Narmer mit den Kronen beider Länder zu sehen ist. Auf der Rückseite der Palette (links) sieht man ihn – mit der Krone Oberägyptens – in kriegerischer Haltung, wie er mit seiner Keule ausholt, um den Feind zu erschlagen.

Narmer-Palette
Vorder- und Rückseite der Narmer-Palette – Vereinigung der beiden Länder.

Auf der Vorderseite der Narmer-Palette (rechts) tritt der König als Sieger auf – mit der Krone Unterägyptens auf dem Haupt. Wir sehen ihn in Begleitung des Horusgeleits, in Form einer Sieges-Prozession, die aus Standartenträgern besteht. Er besichtigt die getöteten Feinde, welche enthauptet wurden. Ihre Köpfe befinden sich zwischen ihren Beinen. Darunter sehen wir ein mythisches Wesen, zwei Schlangenhalspanther. Ihre langen Hälse umschlingen sich – sie symbolisieren die Vereinigung der beiden Reiche von Ägypten, Ober- und Unterägypten. Dabei fungieren ihre Hälse als Umrandung einer kleinen, kreisförmigen Mulde, bzw. Vertiefung, worin sich die Schminke befand.

Pharao – Herr der beiden Länder

Die Alten Ägypter nannten ihren Pharao in der über 3000 Jahren langen Geschichte stets: Herr der beiden Länder. Auch war die Herrschaft über beide Länder eine Bedingung des Königtums, was sich auch im Namen und Titel des Königs ausdrückte: Er war nämlich König von Oberägypten und König von Unterägypten. Daran kann man sehen, wie hoch im Alten Ägypten der Stellenwert eines vereinigten Ägyptens war.

Symbole für die Vereinigung der beiden Länder

Es gibt einige Zuordnungen von Pflanzen, Kronen und Götter, die die Dualität und Vereinigung der beiden Länder symbolisieren.

Wappenpflanzen: Papyrus und Lilie (Lotos)

Es gibt ein Wappenzeichen, das für die Vereinigung beider Länder steht, nämlich zwei ineinander verschlungene Wappenpflanzen: der Papyrus (Unterägypten) und die Lilie bzw. Lotos (Oberägypten). Wenn der (neue) König bei seiner Krönung in der Nähe dieses Wappens seinen Platz einnahm, gelangten beide Länder sinnbildlich in seinen Besitz, über die er künftig herrscht und wo er für Ordnung und Frieden sorgt.

Vereinigung der beiden Länder - Wappenzeichen seitlich des Throns.
©Uni Dia Verlag aus Nr. 10066; Zeichen der Vereinigung der beiden Länder: Lotus (oder Lilie re) für Oberägypten und Papyrus (li) für Unterägypten.

Die Weiße & die Rote Krone – Doppelkrone

Die Weiße Krone war das Symbol für Oberägypten, die Rote Krone für Unterägypten. Beide altägyptische Kronen konnte man gut miteinander kombinieren. Sie wurden dadurch zur Doppelkrone (Pschent). Bei der Erstkrönung und beim Sedfest, einem Jubiläumsfest, wurde der König mit beiden Kronen gekrönt. Der Ausdruck: Vereinigung der beiden Länder war daher gleichbedeutend mit der Krönung des Königs.

Doppelkrone Pschent
©Uni Dia Verlag Nr. 30269, Sethos I. mit Keule und Doppelkrone (Pschent)

Die Göttinnen Nechbet und Wadjet (Uto)

Beide Göttinnen symbolisierten die beiden Länder. Wadjet (auch Uto, Buto) ist die Landesgöttin von Unterägypten und Nechbet die Landesgöttin von Oberägypten. Beide sind bei der Krönung des Königs anwesend und stehen für die Einigung Ägyptens. Sie schützen den König und sind als Verkörperung seiner Krone anwesend. Daher werden sie als Königsgöttinnen bezeichnet und z. T. als Mutter des Königs verstanden.

Wadjet (Uto) wird in Gestalt einer Schlage verehrt – in Form der Uräusschlange (Kobra). Das Tier der Nechbet ist der Geier.

Für den Dualismus der beiden Länder wurden hier die beiden Landesgöttinnen genannt. Es gibt aber auch zwei männliche Götter, die in den Mythen diesen Dualismus verkörpern, nämlich Horus und Seth.

Vereinigung der beiden Länder
©Uni Dia Verlag aus Nr. 31570; Harsemtaui (Horus) auf der Lotosblüte, flankiert von Nechbet (re) und Buto (li). Nechbet, dargestellt als Geier, trägt die Krone Oberägyptens – unterhalb von ihr befinden sich Lotosblüten (bzw. Lilien). Buto, dargestellt als Schlange, trägt die Krone Unterägyptens – unterhalb von ihr befinden sich Papyruspflanzen.

Horus und Seth

Horus wird meist Oberägypten zugeordnet und Seth Unterägypten. Doch es bleibt nicht dabei. Beide verkörpern Gegensätze und es kommt wiederholt zum Kampf, denn beide beanspruchen das ganze Reich jeweils für sich. Doch letztlich entscheidet das Gesetz (Maat) und nicht die körperliche Kraft. Denn der Streit von beiden wird als Rechtsstreit ausgetragen und landet daher vor dem Göttergericht.

Seth ist bodenständig, ein Gott der Kraft, während Horus als Falkengott eher in den himmlischen Sphären beheimatet ist. Er ist Seth von seiner körperlichen Statur zwar unterlegen, doch das Gericht entscheidet, wem Recht zugesprochen wird. Ägypten wird Horus zugesprochen und nicht Seth. Auch hier gibt es enge Verbindungen zum Königsamt und wer König werden darf. Denn Horus ist der leibliche Sohn, der das Erbe seines Vaters Osiris antritt und Herrscher über ganz Ägypten wird. Das entspricht der gesetzlich festgelegten Thronfolge. Der König wird als Horus angesprochen (bis zur 3. bzw. 4. Dynastie), er erscheint als Horus, da er über beide vereinigten Länder herrscht und über das Gesetz der Maat wacht.

Teilung in Ost und West

Die Unterscheidung zwischen Ober- und Unterägypten dürfte die bekannteste Unterscheidung sein. Sie unterscheidet den südlichen und nördlichen Teil von Ägypten. Es gibt jedoch eine weitere Möglichkeit der Unterscheidung, die Teilung Ägyptens in Ost und West. Dabei bildet der Nil die Trennlinie.

  • Da im Osten die Sonne aufging, war das Ostufer das Land der Lebenden. Die Sonne stand für Licht und für neues Leben. Deshalb baute man dort Heiligtümer und die Siedlungen der Menschen.
  • Im Westen ging die Sonne unter und musste durch die Unterwelt (Jenseits, Duat), um am nächsten Tag im Osten wiedergeboren zu werden. Daher baute man am Westufer Friedhöfe und Totentempel. Im Westen lag das Totengericht und das Totenreich.

Dennoch gibt es auch Ausnahmen. Einige Siedlungen befanden sich am Westufer, während es am Ostufer einige Nekropolen gab. Das aber nur zur Vervollständigung.

Vereinigungsfest – Vereinigung der beiden Länder

Das Vereinigungsfest ist seit der 0. Dynastie belegt und wurde bis zum Mittleren Reich mit der Thronbesteigung des Königs gleichgesetzt. Vermutlich war das Vereinigungsfest der Vorläufer des Sedfestes, dem königlichen Jubiläumsfest, wo man die von den Göttern vorherbestimmte Herrschaft des Königs bestätigte und erneuerte. Beide Feste, die Erstkrönung und das Sedfest, standen sich inhaltlich sehr nahe und wurden daher mit den gleichen oder ähnlichen Riten begangen.

Im Mittleren Reich taucht es namentlich noch auf, doch ohne, dass ein festes Datum genannt wird. Es trug den Titel: „Vereinigung der beiden Länder“ und die damit verbundenen Beinamen: „Verkündigung des Friedens“ und „Ende des Streits“. Später wird es zusammengelegt mit dem Tag der Krönung des Königs. Es wird zu einem von mehreren rituellen Bestandteilen dieses Festes.

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Quellen

  • Ein paar Grundlagen: Geografie und Geschichte im Alten Ägypten (2008), S. 34-36.
  • Wikipedia (zuletzt aktualisiert: 10. September 2023), Narmer-Palette.
  • Helck, Wolfgang und Otto, Eberhard (1999), „Kleines Lexikon der Ägyptologie“, 4. Auflage, MZ-Verlagsdruckerei GmbH, Memmingen, Seite 198 (Narmer).
  • Wikipedia (zuletzt aktualisiert: 23. April 2023), Reichseinigung.
  • Wikipedia (zuletzt aktualisiert: 9. Dezember 2023), Vereinigungsfest.
  • Beitragsbild: ©Uni Dia Verlag aus Nr. 20132; Vereinigung von Ober- und Unterägypten, dargestellt durch die beiden umschlungenen Wappenpflanzen, Lotus für Oberägypten und Papyrus für Unterägypten.
  • Narmer-Palette: Wikipedia (dort hochgeladen am 19. Juli 2013).

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