Für die Landvermessung im Alten Ägypten, die Bestimmung von Winkeln und das Vermessen von geplanten Bauwerken, z. B. von Tempeln und Pyramiden, gab es eine priesterliche Berufsgruppe, die dafür zuständig war. Die Harpedonapten (griechisch: Seilspanner) nahmen die notwendigen Landvermessungen vor bzw. führten die Aufsicht über die korrekte Durchführung im Auftrag des Pharaos.
Feld- und Landvermessung im Alten Ägypten
Nicht nur die Gebäude musste vermessen werden, sondern auch das Land. Der Nil trat jedes Jahr über die Ufer. Diese jährlichen Überschwemmungen zerstörten die vorhandenen Grenzmarkierungen. Daher musste das Land und die Felder nach jeder Nilüberschwemmung neu vermessen werden. Nur so konnte man die Eigentumsbestimmungen der Felder neu festlegen, was auch wichtig für die Wirtschaft im Alten Ägypten war. Denn die Berrechnung der Steuer konnte nur in Abhängigkeit der Landvermessung vorgenommen werden. Je größer die Felder und das Weideland, desto mehr Nahrungsmittel konnten angebaut werden bzw. desto größere Viehherden konnten weiden. Daher wirkten sich großflächige Überschwemmungen positiv auf die Höhe der Steuer aus.
Messrohre für die Landvermessung aus Schilfrohr
Als Hilfsmittel für die Landvermessung wurde Schilfrohr (Arundo donax) verwendet. Es hatte ideale Eigenschaften, denn es war leicht und dennoch stabil, bruchfest, wasserabweisend und nicht dehnbar. Es wurde für viele andere Zwecke genutzt, z. B. für das Herstellen von Schreibfedern und Angelruten (siehe auch Papyrus).
Die meisten Messrohre (auch Messstangen) hatten vermutlich eine Länge von
- 2,30 oder 2,76 m – wenn sie aus einer Ur-Elle abgeleitet wurden; oder
- 2,62 oder 3,14 m – wenn sie aus einer Königselle abgeleitet wurden.
Dabei gehe ich hier von einer Korrektur aus, die Herr Dr. Werner Robl sehr überzeugend dargelegt und begründet hat. Demnach beträgt die kleine Elle oder Ur-Elle nicht 24, sondern 23 Fingerbreiten (und dem Ur-Maß, einer Länge von etwa 46 cm). Seine Arbeit ist sehr empfehlenswert und bringt viel Klarheit und Aufklärung: Die Landvermessung im antiken Ägypten. Die königliche Elle oder große Elle beträgt 28 Fingerbreiten und misst eine Länge von etwa 52,5 cm. Bei diesem Maß herrscht unter den Experten Einigkeit.
Länger als die oben angegebenen Maße konnte ein Messrohr kaum sein, denn man musste sich an die Wuchshöhe des Schilfrohrs orientieren. Dabei eignete sich das obere und untere Ende des Schilfrohrs für ein Messrohr nicht. Denn oben war es zu dünn und brach schnell ab und unten zu dick. Man konnte also nur den Mittelteil des Schilfrohrs verwenden, der einen konstanten Durchmesser aufwies. Hinzu kam, dass man kürzere Entfernungen mit Ellenstäben messen konnte.
Denkbar ist, dass sich diese leichten Messrohre gut miteinander verknüpfen ließen. So wäre es durchaus möglich gewesen, dass ein Landvermesser 5 Messrohre tragen und Strecken von über 10 m vermessen konnte. Doch für solche längeren Strecken wurden Seilspannen verwendet bzw. Messschnüre (auch Messseile). Das zeigen uns zahlreiche Abbildungen über die Landvermessung im Alten Ägypten.
Die Mess- oder Spannseile in der Bibel
Schon in der Bibel ist an mehreren Stellen von den Messseilen die Rede. Ein Beispiel aus Sacharja 2+3; Die dritte Vision:
… „Und ich erhob meine Augen und sah, und siehe: ein Mann, und in seiner Hand eine Messschnur“ (Vers 5).
Eine Messschnur gehört zu den unverzichtbaren Gerätschaften beim Bau. Kein Bauen ohne ständiges Vermessen.
„Und ich sprach: Wohin gehst du? Und er sprach zu mir: Jerusalem zu messen, zu sehen, was ihre Breite und was ihre Länge ist“ (Vers 6).
Welch ein Evangelium! Jerusalem wird aufgebaut! Manche Häuser waren zwar schon wieder errichtet, aber die Stadtmauer lag noch in Trümmern. Die Größe Jerusalems bemisst sich nach ihren Mauern …
Das Ausmessen der künftigen Stadt Jerusalems übernahmen Engel. Messen war also auch in der Bibel ein wichtiges göttliches Prinzip. Das erklärt, warum im Alten Ägypten die Priester dafür verantwortlich waren.
Spannseile – Landvermessung im Alten Ägypten
Mit den Spannseilen oder Messseilen ließen sich lange Strecken vermessen. Auch im altägyptischen Jenseits wurde das Land vermessen. Das war die Voraussetzung dafür, dem Verklärten ein Land im himmlischen Duat zuzusprechen, das er bebauen kann. Man verwendete dazu – wie im Diesseits – lange dünne Seile, die im aufgerollten Zustand von einer Person gut getragen werden konnten.
Zum Irrtum der Annahme einer 12-Knoten-Schnur
Wenn von antiken Seilspannen die Rede ist, begegnet man heute immer noch der Annahme, dass es sich dabei um eine 12-Knoten-Schnur handelte. Denn mit ihrer Hilfe kann man sehr einfach ein Dreieck mit einem rechten Winkel darstellen. Auf die Idee kam der Mathematiker Moritz Cantor. Er stellte zwar dieses Denk-Modell als eine Vermutung dar und gab zu, keinerlei altägyptische Quellen dafür angeben zu können (auch keine altägyptischen Abbildungen). Dennoch setzte sich die Zwölfknotenschnur weltweit, selbst in Köpfen von seriösen Autoren fest. Viele Artikel sind darüber im Netz zu finden, auch auf Wikipedia (im Quellenverzeichnis, unterhalb des Artikels, verlinkt).
Doch die 12-Knoten-Schnur ist reine Fiktion. Dafür gibt es mehrere Gründe:
- Messseile mussten genau sein. Sie durften ihre Länge nicht verändern, unabhängig von Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Jeder Knoten bedeutet eine Messungenauigkeit. Denn er hätte dem Messseil einen Dehnungskörper verschafft. Bei 12 Knoten hätte das Messseil keinesfalls konstant gleich lang bleiben können.
- Ein Messseil darf nicht gebogen werden (wie das bei einem Knoten der Fall ist). Denn auch das hätte seine Haltbarkeit und Genauigkeit gefährdet. Irgendwann wäre es an dieser Stelle gebrochen.
- Einen rechten Winkel festzustellen, hätte keine 12-Knoten-Schnur erfordert. Es gibt andere, noch einfachere Möglichkeiten. Es kamen im Alten Ägypten Planungspentagramme zum Einsatz, mit deren Hilfe sehr viel genauer ein rechter Winkel dargestellt werden konnte (siehe weiter unten).
Beschaffenheit von Seilspannen bzw. Messseilen
Ein Spannseil musste also gelagert werden können, ohne seine zuvor festgelegte Länge zu verändern. Es gibt viele Hinweise dafür, dass die Spannseile im Alten Ägypten dünn waren. Sie waren so weit wie möglich vorgedehnt und gedrillt, vielleicht sogar imprägniert (einbalsamiert/eingefettet). Ein Hieroglyphenzeichen passt zum gedrillten Spannseil sehr gut. Es handelt sich um das Einkonsonantenzeichen h:
Diese Hieroglyphe wird als „Docht“ bezeichnet (Gardener-Liste), was ihre Verwendung und Zweck völlig verfehlt. Denn es handelt sich um ein gedrilltes Spannseil.
Im Ägyptenmuseum in Kairo befinden sich noch Reste eines gerollten Spannseils. Es wurde aus feinen Lederstreifen geflochten, ist 5 mm dick und war vermutlich 5 bis 6 m lang. Alle 52 cm hatte es eine Markierung, bestehend aus einem roten Band. Vermutlich handelte es sich um ein 10-Ellen-Seil. Das zeigt, dass maximale dünne und gegerbte Lederstreifen als Seilmaterial verwendet wurden, zumindest für überschaubare Strecken.
Landvermessung im Alten Ägypten mit Spannseilen
Es gibt auch Berichte darüber, dass sich am Ende mancher Seilspannen eine Schlaufe befand. So auch bei einem Spannseil, das leider verloren ging, von dem es aber noch Beschreibungen gibt. Oben befand sich die Schlaufe, am anderen Ende befand sich ein Knoten, aus welchen sich die beiden offenen Enden abzweigen (also genau so, wie bei der Abbildung der Hieroglyphe h).
Wenn man die Schlaufe dieser Seilspanne mithilfe eines Pflocks fixierte und spannte, konnte man die Knoten einer zweiten Seilspanne einhängen und mit dieser Methode Strecken in beliebigen Längen mit einer hohen Genauigkeit messen.
Die maximale Länge eines Spannseils dürfte nicht mehr als 100 Ellen gehabt haben. Denn sonst hätte man sie nicht mehr tragen können. 100 Ellen waren 46 m (Ur-Elle) oder 52 m (Königselle). Man rollte sie auf und trug sie im gerollten Zustand. Auch diese Seilrollen haben Einzug in die Hieroglyphenschrift gehalten:
Determinativ für Rolle, Seil, Schnur binden und Abkürzung für die Zahl 100.
Eine solche Rolle hatte schon recht viel Gewicht und wurde mit zwei Händen getragen. Befand sich solch eine Rolle in den Händen eines Priesters kann man davon ausgehen, dass es sich bei den 100 Ellen um 52,5 m handelte, nach dem Maß der Königselle. Denn das war das Maß, welches Königen vorbehalten war.
Harpedonapten – Seilspanner und Seilknüpfer
Die griechische Bezeichnung „Harpedonapten“, die vom griechischen Philosophen Demokrit vergeben wurde, kam nicht von ungefähr. Denn diese Kunst der Herstellung und korrekten Verwendung der Seilspannen galt im Alten Ägypten als unübertroffen und ihm selber (Demokrit) ebenbürtig, was ein großes Kompliment bedeutete.
Die Seilspannen waren ein wertvolles Gut, das man nicht einfach irgendwo herumliegen ließ. Daher lag die Aufbewahrung in der Verantwortung hochrangiger Beamter und Priester. Es gibt ein beschriebenes Relief im Bezirk von Karnak, wo die Aufbewahrungsorte der Messstricke für die Gaue aufgeschrieben wurden. Vermutlich handelte es sich bei den Seilspannen nicht nur um ein verbindliches Eichmaß, sondern auch um heilige Kultgegenstände.
Spannseile für die Pentagrammpeilung
Es gibt Abbildungen, wo Seilträger sehr viel kürzere Seilspannen tragen, die über ihrer Schulter hängen. Dadurch hatten die ägyptischen Landvermesser beide Hände frei, wobei auch manchmal eine Hand das noch einzuhängende Spannseil trug. Man vermutet, dass diese kürzeren Seilspannen 25 m nicht überschritten. Denn sie waren für eine Peilungskonstruktion gedacht und nicht für das Vermessen von großen Landflächen. Im Zusammenhang mit den kürzeren Seilen gibt es eine weitere Hieroglyphe, die vielleicht das Rätsel löst:
Wir sehen 4 vertikale Seilschlingen, die wie eine 8 geformt sind. Auf der Horizontalen sehen wir ein weiteres Seil, mit je einer Schlaufe am Anfang und Ende. Wir erhalten also insgesamt 5 voneinander getrennte Seile, die mit hoher Wahrscheinlichkeit für die Figur der Pentagrammpeilung gedacht waren.
Es gibt viele Überlegungen, um welche Peilungsfigur es sich im Alten Ägypten gehandelt haben könnte. Verschiedenste geometrische Figuren wurden untersucht. Die wahrscheinlichste Peilungsfigur war das Pentagramm. Das zeigen auch die beeindruckenden Baudenkmäler und altägyptische Utensilien, wo die Pentagrammtechnik und -peilung zur Anwendung kamen: Die Macht des Pentagramms in der Kulturgeschichte der Menschheit (eine Spurensuche von Werner Robl). Man sieht anhand der Kulturgeschichte des Alten Ägyptens sehr deutlich, dass das Pentagramm für die Malerei, für den Bau und für das Herstellen von Gebrauchsgegenständen, von religiösen Symbolen und Schmuck eine überragende Rolle spielte.
Das Aufspannen des Pentagramms
Wie wurde ein Pentagramm für die Landvermessung bzw. -peilung im Alten Ägypten aufgespannt? Wir erinnern uns, 5 Seile gab es, die linear – also gradlinig aufgespannt werden mussten. Man durfte sie nicht knicken, denn dadurch wären die Knickstellen brüchig geworden und damit das betroffene Spannseil unbrauchbar.
Vermutlich lief das Spannen der Seile folgendermaßen ab. Zuerst spannte man eine Linie des ersten Pentagrammschenkels in einer zuvor festgelegten Richtung. Dieser Schenkel wurde mithilfe zweier Pflöcke fixiert. Dann verknüpfte man alle anderen Spannseile zu einem Fünfstern, jedoch noch im entspannten Zustand. Man brauchte mehrere Seilträger, die im Anschluss das Pentagramm langsam aufspannten (ohne den Boden zu berühren). Dann fixierte man die Schlaufen der Seile an den Pentagrammspitzen (siehe Abbildung oben -> braune Markierung an den 5 Spitzen des Pentagramms). Bei der Straffung musste man behutsam vorgehen, ebenso beim Einschlagen der Pflöcke. Denn die Seile durften nicht verletzt werden.
Überprüfung der Maße durch die Bildung eines Pentagons
Um die Maße zu überprüfen, konnte man den Abstand der Pflöcke zueinander messen. Sie mussten exakt übereinstimmen. Vermutlich nahm man dazu weitere Messeile zur Hilfe, um von einer Pentagrammspitze zur nächstliegenden Spitze messen zu können. Wenn man das tut, erhält man ein Pentagon (siehe die roten Umrisse der Figur auf der folgenden Abbildung). Gab es Mess-Abweichungen zwischen den Spitzen, konnte man Korrekturen vornehmen.
Die Hieroglyphe des Pentagramm-Sterns
Der fünfarmige Stern war im Alten Ägypten das Symbol für Stern und taucht in den Abbildungen der Himmelgöttin Nut, aber auch in anderen Himmelsdarstellungen auf. Er zeigte auch an, wenn es sich um Darstellungen von Sternbildern oder von Stern- bzw. Stundengötter handelt.
Doch die Hieroglyphe des Pentagramm-Sterns taucht auch in anderen Kontexten auf, z. B., wenn es um altägyptische Maßeinheiten geht. Insofern muss diese Hieroglyphe eine weitere, spezifischere Bedeutung gehabt haben. Sie deutet sehr stark auf die überaus wichtige Zahl 5 hin und steht in Zusammenhang mit einem Verhältnis, dass immer wieder auftaucht, das 23:5-Verhältnis (vgl. die Arbeit von Robl, verlinkt im Quellenverzeichnis).
Es gibt eine römische Gottheit, die für das Pentagramm steht. Es handelt sich um die Liebesgöttin Venus. Venus ist am Firmament zu finden – es handelt sich um den hellsten Stern, auch Abend- oder Morgenstern genannt. Der Planet Venus wandert innerhalb von 8 Jahren um die Erde und schreibt bei seiner synodischen Umlaufzeit ein Pentagramm in den Himmel. Diese Himmelsfigur muss schon sehr früh – also in der Prä-Antike – bekannt gewesen sein, denn sie ist offensichtlich.
Im Alten Reich stand die weibliche altägyptische Gottheit Netjer-duai für den Planeten Venus. Sie begleitete den verstorbenen Pharao in den Himmel. Ihr Namen wurde mit der 5-strahligen Sternhieroglyphe geschrieben, das Symbol für das Pentagramm der Venus. Die Pentagrammzahl 5 war im Alten Ägypten eine der bedeutungsvollsten Zahlen.
Koordination der Seilspanner und Seilträger
Für das Aufstellen eines Peilungspentagramm bzw. Pentagramm-Sterns brauchte man – wie oben gezeigt – mehrere Seilspanner bzw. Seilträger. Das bedeutet, dass man jemanden benötigte, der sie koordinierte und die Korrekturen bzw. später die eigentliche Peilung vornahm. Eine ägyptische Amtsbezeichnung für diese Aufgabe konnte man leider nicht finden. Daher bleibt es bei der allgemeineren Art der Bezeichnung: Priester.
Mithilfe von geeigneten Peilstäben war man fähig über sehr viele Kilometer ins Land hinauszupeilen. Um das Land dann auszumessen, kamen wiederum Spannseile à 100 Ellen zum Einsatz.
Peilstäbe im Alten Ägypten
Peilstäbe waren neben der Elle und dem Spannseil das am meisten verwendete Instrument zur Landvermessung im Alten Ägypten. Dabei fallen zwei Stäbe auf. Ein Peilstab hat oben eine Rundung und sieht aus wie eine Kimme.
Beim anderen Peilstab handelt es sich um das Was-Zepter. Es wird gerne von Göttern und von Königen getragen – kein Wunder – symbolisiert es doch deutlich den damit verbundenen Macht- und Herrschaftsbereich: das vermessene Land.
Bei beiden Stäben handelt es sich um Visurstäbe, d. h. sie werden zur Vermessung von Landflächen und zur Kartierung von Geländen verwendet. Sie gehören zur Arbeit eines Vermessungsingenieurs.
Im Alten Ägypten gab es sie aus Holz und Bronze.
Für sehr weite Strecken benötigte man für die Landvermessung im Alten Ägypten jeweils 2 dieser Visurstäbe. Der nahe Stab der Kimme wurden an der Spitze oder am Schnittpunkt des Peilungspentagramms in den Boden verankert. Der ferne Stab, dessen Spitze durch die Kimme angepeilt wurde, war ursprünglich das Was-Zepter.
Landvermessung im Alten Ägypten: Das Was-Zepter
Das Was-Zepter wurde auch manchmal mit dem Kopf eines Caniden dargestellt, z. B. mit dem Kopf eines Fuchses, mit dem Kopf einer Antilope oder, wie oben im Bild, als abgeschrägte davon abstrahierte Linie. Am Ende von besseren Stäben befand sich ein Haken, der aussieht wie eine Gabelung. Mit seiner Hilfe konnte die Seilschlinge vom Boden aufgehoben bzw. gespannt und eingehängt werden. Doch man achtete streng darauf, dass solch ein Messseil niemals über den Boden gezogen wurde. Denn es durfte weder verschmutzen noch irgendwo hängen bleiben. Nur so konnte es seinen Zweck erfüllen.
Dieser Visurstab – Kornstab zur ägyptischen Landvermessung im Alten Ägypten – wurde zu einem sehr bekannten und beliebten Zepter. Man gab ihn Götter und Pharaonen in die Hand. Das Was-Zepter soll das Glück eines Pharaos symbolisieren und seine weltliche Macht. Denn je mehr Land ein Pharao sich aneignen und vermessen (lassen) konnte, desto reicher und glücklicher war er. Dieses Zepter gibt es auch als Hieroglyphe, die nach unten in Form einer Gabelung endet.
Dass das Was-Zepter ursprünglich ein Eseltreibstock oder Hirtenstock gewesen sein soll, ist in diesem Zusammenhang völlig abwegig und lässt sich nicht annähernd überzeugend belegen.
Anch, Djet-Pfeiler und Was-Zepter
Oft werden das Anch, der Djed-Pfeiler und das Was-Zepter gemeinsam dargestellt, z. B. in der Hieroglyphenschrift. Daher stellt sich die Frage, ob auch das Anch und der Djed-Pfeiler im Alten Ägypten ihren Ursprung in der Landvermessung bzw. noch vorher, in der Herstellung von Spannseilen haben könnten.
Das Anch könnte dazu gedient haben, ein Seil zu fixieren, indem es irgendwo mithilfe der Schlaufe eingehängt wurde. Unterhalb des Kreuzes diente es vielleicht als Drehspindel, mit deren Hilfe das Seil geknüpft und gedrillt werden konnte.
Der Djed-Pfeiler könnte ein Gerät gewesen sein, mit dem man die dünnen Seil-Filamente voneinander trennte, damit sie sich beim Drillen nicht verheddern.
Die Bedeutung von Seilen
Seile hatten eine sehr wichtige Bedeutung für das Alte Ägypten, nicht nur für die Landvermessung. Sie waren wichtig für die Wirtschaft und den Transport von Waren. Mithilfe von Seilen zog man Nilschiffe, domestizierte Tiere zum Einsatz für verschiedenste Arbeiten, hob man Lasten an und bewegte Steinblöcke für den Bau der Pyramiden, der Tempel und Nildämme. Auch in den Mythen der Götter nutzte man sie, um z. B. die Barke durch die Unterwelt zu ziehen. Daher liegt es nahe, dass die damit zusammenhängende Gerätschaften zu wichtigen Symbolen und den Göttern und Pharaonen in die Hand gegeben wurden, als Zeichen ihrer Herrschaft und Machtausübung.
Quellen
- Wikipedia (zuletzt aktualisiert: 28.07.24), Harpedonapten.
- Wikipedia (zuletzt aktualisiert: 15.09.24), Zwölfknotenschnur.
- Die Landvermessung im antiken Ägypten von Dr. Werner Robl, Berching 2019.
- Die Macht des Pentagramms in der Kulturgeschichte der Menschheit. Das Alte Ägypten von Werner Robl.
- Beitragsbild: ©Uni Dia Verlag, Nr. 37815; Feldvermessung und Landvermessung.
- Schilfrohr (Arundo Donax), Adobe Stock.
- Schlaufe am Ende des Seils, Pixabay.
- Anch, Djet-Pfeiler und Was-Zepter als Hieroglyphen, Pixabay.
- Was-Zepter, Djet-Pfeiler und Anch im Wechsel, ©Uni Dia Verlag, Nr. 30246.