Die Medizin im Alten Ägypten wurde aus Pflanzen, Kräutern, Mineralien und aus der sogenannten „Dreckapotheke“ hergestellt. Damit sind Arzneimittel gemeint, die aus den Exkrementen und sonstigen körperlichen Bestandteilen von Tieren und Menschen kredenzt wurden. Die ältesten Funde über medizinische Heilerfolge stammen aus dem Alten Ägypten. Aus der altägyptischen Pflanzenheilkunde sind über 2000 Rezepturen überliefert.
Medizin & Kräuter – Zaubersprüche & Rituale
Die Behandlungs- und Heilungsprozesse wurde nicht nur durch medizinische Anwendungen mit Kräutern, sondern auch durch Zaubersprüche und Rituale begleitet. Beides gehörte zusammen. Je nachdem, um welche Beschwerden es sich handelte, wurde der göttliche Beistand bemüht, welcher für ein bestimmtes Organ oder eine bestimmte Funktion zuständig war. Handelte es sich zum Beispiel um eine Vergiftung, wurde ein Arzt der Göttin Selket geholt. Die Göttin Selket war die Schutzgöttin für Heilkundige; sie war aber auch für Vergiftungen zuständig. Denn ihr Tier ist der (giftige) Skorpion. Daher weiß sie, wie man mit Vergiftungen umgeht.
Viele Kräuter aus Ägypten wurden für Rituale und Zeremonien eingesetzt: Weihrauchbaum und Myrrhe, Küchenzwiebel und Wacholderbeeren, wilde Sellerie, Porree, Dill, um nur einige, wenige Beispiele zu nennen.
Viele der Zaubersprüche, die für die Heilung und Beschwörungen (gegen fremdländische Krankheiten) eingesetzt wurden, fand man in einem Papyrus namens London, welcher in der 18. Dynastie entstand. Deshalb waren bei der Behandlung Priester, Arzt und Magier zugegen – manchmal auch nur durch eine Person repräsentiert.
Nachweisliche Heilerfolge im Alten Ägypten
Knochenbrüche und Schädelverletzungen behandelten die Alten Ägypter erfolgreich, was man aufgrund der Untersuchung von Mumien ablesen und schlussfolgern konnte. Auch Zahnersatz war ihnen schon bekannt.
Es gab Chirurgen im Alten Ägypten. Wundnähte und sterilisierende Waschungen mithilfe von Salzwasser wurden damals durchgeführt.
Die ältesten Rezepturen und Heilschriften fand man auf Papyrusfragmenten, den Papyrusfragmenten aus Kahun. Dabei handelt es sich um Reste eines gynäkologischen Buchs mit gynäkologischen Rezepten, sowie einer veterinärmedizinischen Rezeptsammlung.
Papyri aus Kahun und Ebers
Die ältesten Heilschriften aus Kahun mit den genannten beiden Themen sind etwa 1850 v. Chr. entstanden. Eine große Überraschung für die Fachwelt war die Behandlung von Tieren. Denn sehr lange ging man davon aus, dass nur die Opfertiere veterinärmedizinisch behandelt wurden. Weniger überraschend waren die gynäkologischen Rezepte, denn die Kindersterblichkeit im Alten Ägypten war hoch. Man fand mumifizierte Frauen und viele Kinder, die bei der Geburt gestorben waren.
Die Papyri aus Ebers ist die umfangreichste noch erhaltene Schriftsammlung, die um 1550 v. Chr. entstand. Darin sind ganze „geschlossene“ Bücher enthalten. Sie handeln von Fallbeispielen heutiger Fachrichtungen, wie zum Beispiel der Gynäkologie, Inneren Medizin, Zahnmedizin, Parasitologie, Augenheilkunde und Dermatologie (Funktionen der Haut). Die Schriften enthalten eine Abhandlung über das Herz und den Kreislauf, die sogar heute noch gültig ist. Darüber hinaus gibt es Abhandlungen über die Blutgefäße und sogar über die klinische Depression. Auch eine umfangreiche Sammlung von Rezepten ist enthalten.
Es gibt noch mehrere Papyri und Schriften aus dem Alten Ägypten über Pflanzenheilkunde, Rezepturen und Heilerfolge. Sie sind im Quellenverzeichnis, unterhalb des Artikels, verlinkt.
Heilpflanzen und Kräuter im Alten Ägypten
Die Alten Ägypter haben ihre Rezepturen sehr genau und exakt beschrieben, samt Indikationen, Maßangaben und Vorschriften, wie man sie herstellt und anwendet. Sie bewiesen in der Herstellung sehr große Geschicklichkeit. Sie ließen zum Beispiel Arzneimittelmischungen über Nacht ruhen. Das nennt man heute Extraktion. Sie kochten, ließen Mittel quellen oder eindicken. Als Basis bzw. Träger der Arzneimittel wurde Alkohol verwendet, in Form von Bier oder Wein. Aber auch Wasser, Milch, pflanzliche Öle, tierische Fette oder Getreidebreie wurde für das Herstellen der Rezepturen mit Heilpflanzen verwendet.
Viele Kräuter und Heilpflanzen, welche die Alten Ägypter benutzten, verwenden wir noch heute. Zwei Beispiele:
- Rizinussamen wurden im Alten Ägypten als Abführmittel verwendet. Man soll sie gut kauen und mit Bier hinunterspülen.
- Kreuzkümmel war ein Heilmittel für Bauchbeschwerden. Das Rezept: Kreuzkümmel 1/64 ro1, Gänsefett 1/8 ro und Milch 20 ro soll man kochen, durchpressen und dann trinken.
Methoden und Orte der Behandlung
Für die Heilung der Patienten wendeten die Ägypter verschiedene Methoden an: Massagen, diverse Verbände und Umschläge, Pillen, Tropfen, Salben, Bäder, Inhalationen oder auch die Anwendung des Rauchs. Die Heilkunst der Ägypter zählte auf der ganzen Welt als einzigartig. Auch der Ort der Behandlung war wichtig, was nicht verwundert. Denn die Götter sollten bei der Heilung helfen.
In großen Tempeln behandelten die Priester und Ärzte ihre Kranken. Als einer der bekanntesten und erfolgreichsten Tempel galt der Tempel in Dendera. Patienten badeten dort und wurden behandelt. Eine andere Methode war der Heilschlaf oder auch der Tempelschlaf, wo die Kranken im dunklen Tempel schliefen. Die Kräuter jedoch und deren Anwendung standen im Vordergrund und durften nie fehlen.
Gott der Heilung – Imhotep
Ein Gott muss in diesem Zusammenhang erwähnt werden, denn er erfand die Medizin und vieles andere. Eine Legende besagt, dass die Medizin im Alten Ägypten von Imhotep, einem Beamten und Hohepriester, der um 2700 v. Chr. lebte, erfunden wurde. Imhotep war ein Mensch, wurde später vergöttlicht und wie ein Gott verehrt. Imhotep ist ganz oben auf dem Beitragsbild des Artikels abgebildet. In der linken Ecke thront Maat mit einem Anch in der Hand.
Er war Schreiber und dadurch auch ein Wissender. Er wurde als Heilgott und Bauherr verehrt. Es hat sich in der Spätzeit ein sehr lebendiger Imhotep-Kult entwickelt, der die Alten Ägypter zum Bau vieler Tempel und Kapellen anregte.
Auch die Alten Griechen profitierten von den medizinischen Kenntnissen der Alten Ägypter. In der Bibliothek von Alexandria befanden sich höchstwahrscheinlich unzählige ägyptisch-medizinische Handschriften. Sie gingen für immer verloren, als das Gebäude zerstört wurde. Die medizinische Entwicklung setzte sich dennoch weiter fort.
Quellen
- 1 Wikipedia (zuletzt aktualisiert: 24.07.2022), Alte Maße und Gewichte (Altes Ägypten).
- Ebd. (zuletzt aktualisiert: 13.11.2021), Dreckapotheke.
- Ebd. (zuletzt aktualisiert: 02.08.2022), Pflanzenheilkunde.
- Ebd. (zuletzt aktualisiert: 26.05.2022), Medizin im Alten Ägypten.
- Helck, Wolfgang und Otto, Eberhard (1999), „Kleines Lexikon der Ägyptologie“, 4. Auflage, MZ-Verlagsdruckerei GmbH, Memmingen, Seite 182 (Medizin).
- Assmann, Jan (2010), „Magie und Ritual im Alten Ägypten„, Seite 40.
- Beitragsbild: Imhotep und Maat, Adobe Stock.
- Bild: Mumie, Pixabay.
- Bild: Papyrus Kahun Vl. 1, Wikipedia.
- Bild: Hathor Tempel, Adobe Stock.