Ein Uschebti ist meist eine kleine mumienförmige Figur (10 bis 20 cm), die den Toten verkörpert bzw. ein Symbol des Toten selbst darstellt. Diese Figur hat die Aufgabe, stellvertretend für den Toten, Dienste und Arbeiten im Jenseits zu verrichten. Deshalb gab man dem Toten oft mehrere Uschebti mit in das Grab.
Uschebti, der Antworter
Die Bedeutung des Wortes „Uschebti“ ist nicht abschließend geklärt. Man übersetzt es mit „Antworter„. Denn diese kleine Figur soll dem Toten antworten, wenn er ihn ruft; er soll ihm zu Diensten sein. Ursprünglich lautete das Wort Schewebti oder Schawabti. Aber auch die Bedeutung dieser Wörter ist unklar.
Es folgt ein Ausschnitt aus dem Totenbuch der Ägypter, Spruch 6. Es handelt sich um einen Spruch, der veranlassen soll, dass ein Uschebti Arbeit im Totenreich leistet.
„O ihr Uschebti,
wenn ich verpflichtet werde, irgendeine Arbeit zu leisten,
die dort im Totenreich geleistet wird –
wenn nämlich ein Mann dort zu seiner (Arbeits)leistung verurteilt wird –
dann verpflichte du dich (zu) dem, was dort getan wird,
um Felder zu bestellen und die Ufer zu bewässern,
um den ‚Sand‘ (Dünger) des Ostens und des Westens überzufahren.
‚Ich will es tun, hier bin ich‘, sollst du sagen.“1
Diener des Toten
Die Uschebti Figuren sollen die Arbeit abnehmen, die vom Toten gefordert werden könnte. Der Alte Ägypter traf also Vorkehrungen für ein möglichst angenehmes Leben im Jenseits. Das ist durchaus nachvollziehbar, denn bis in alle Ewigkeit Felder zu bestellen oder sonstige anstrengenden Arbeiten zu verrichten, will wohl keiner.
Deshalb gestaltete man Uschebti Figuren, denen man auch gleich die notwendigen Werkzeuge mitgab oder sie auf die Figuren malte. Meistens handelt es sich um Geräte für die Feldarbeit, z. B. Hacken. Oft hängt ein Sack auf dem Rücken der Figur herab, welcher Saatgetreide enthält. Manchmal gab man ihr auch eine Tragestange mit Körben oder Gefäßen mit, sehr viel seltener eine Form für das Pressen von Ziegeln.
So kann sehr schnell der Eindruck entstehen, dass die Uschebti Dienerfiguren des Toten sind. Denn auch solche gab man den Toten mit in das Grab. Die Dienerfiguren waren primär dafür zuständig, Bedürfnisse des Toten zu befriedigen, ihn zum Beispiel zu ernähren. Es handelte sich also um Leibeigende. Die Uschebti hingegen machten etwas stellvertretend für den Toten.
Das zeigt auch ihre Vorgeschichte. Denn bei den Uschebti handelte es sich ursprünglich um Bilder des Toten. Sie wurden dann im Laufe der Zeit zu Ersatzfiguren des Toten, lösten die Dienerfiguren immer mehr und schließlich vollständig ab (nach dem M.R.). Auch die Aufgaben der Diener übernahmen sie. Sie wurden immer beliebter und zahlreicher in Gräbern mitgegeben. Im Folgenden werden beide Begriffe, Dienerfiguren und Uschebti, synonym verwendet.
Aufgaben der Uschebti
Sie hatten im Wesentlichen drei große Aufgabenbereiche:
- Der erste und vielleicht wichtigste wurde schon genannt: Alle unerwünschten Forderungen, die an den Toten gestellt werden, lädt man auf die Uschebtis ab. Sie übernehmen die aufgetragenen Arbeiten stellvertretend für den Toten.
- Der vornehme Ägypter möchte bei den Göttern einen guten Eindruck machen und lässt die Dienerfiguren Arbeit verrichten. Es gibt Inschriften, die darauf hindeuten: „Ich mahle für Osiris; ich bin Diener der Nut„ 2. Es handelt sich also um einen freiwilligen Dienst für die Gottheit, die ein Uschebti wiederum stellvertretend für den Toten ausübt.
- Ihm wird auch aufgetragen, den Toten zu schützen. Vielleicht handelt es sich dabei um eine eigene Kategorie von Figuren, den Schutzfiguren, die der Alte Ägypter ebenfalls Uschebti nannte, allerdings mit einer noch nicht deutbaren Vorsatzsilbe. Sie sind genauso wie ein Uschebti gestaltet, doch ohne Arbeitsgerätschaften. Sie sind stattdessen mit Schutzformeln beschrieben.
Steigende Beliebtheit
Im Neuen Reich steigt die Beliebtheit der Uschebti. Die magische Praxis schien sich bewährt und etabliert zu haben. Sie gehören nun in jedes Grab. Auch ihre Anzahl steigt stetig an. Es gibt Gräber, wo man 365 Figuren fand, für jeden Tag im Jahr eines. Manchmal sind sie sogar mit Datum versehen, um sie sinnvoll koordinieren und einsetzen zu können.
Eine große Menge von stellvertretenden Arbeitern braucht eine andere Organisation als nur kleine Gruppen. Deshalb gestaltete man Uschebti, die als Aufseher fungieren sollten. Anstelle von Arbeitsgeräten tragen sie einen Stock und sind mit einem Schurz bekleidet. 36 oder 37 Aufseher (entsprechend den Dekaden) kamen also noch dazu. Bei solch einer Anzahl werden Oberaufseher nötig, die wie Schreiberfiguren dargestellt wurden. So konnten man über 400 Figuren in einem Grab unterbringen. Doch so viele Uschebti wurden eher als ein Ideal verstanden.
Gefahr des Missbrauchs
Der Alte Ägypter dachte sogar daran, die Uschebti vor Missbrauch zu schützen. Denn es könnte ja sein, dass irgendein anderer Unbefugter sie für sich selbst arbeiten lässt und sozusagen fremd beschäftigt. Durch Beschwörungsformeln wurden die Uschebti ermahnt, ihrem Eigner zu gehorchen und nicht irgendeinem Fremden. Gerne hat man auch ihre Namen mit Pech übermalt, um sie unkenntlich zu machen. Denn, wer ihre Namen nicht kennt, kann sie auch nicht rufen.
Herstellungsmaterialien
Die (meistens) 10 bis 20 cm großen Uschebti stellten die Alten Ägypter aus unterschiedlichen Materialien her. Die ältesten bestanden aus Wachs oder Nilschlamm. Doch bald benutzte man auch Holz, Stein oder Fayence. Bei Fayence handelt es sich um ein Gemisch aus Quarzsand (95%), Ton, Kalk, Matalloxiden und Alkalien. Es wurde geformt, getrocknet und gebrannt. Die Fayence glasierte man meistens blau bzw. blaugrün. Gegen Ende des Neuen Reiches stellte man die Dienerfiguren hauptsächlich aus diesem Material her.
Orte der Uschebti
Uschebti wurden in das Grab gelegt, doch sie konnten auch an anderen heiligen Orten aufgestellt werden. Es gibt sie in Tempeln oder in Grabkapellen. Dadurch konnte der Tote oder eine noch lebende Person an solch an einem Ort symbolisch anwesend sein.
Quellen und Einzelnachweise
1 Hornung, Erik (eingeleitet, übersetzt und erläutert), „Das Totenbuch der Ägypter“, 2. Auflage 2000, Artemis & Winkler Verlag, ppb-Ausgabe 1998 Patmos Verlag GmbH & Co. KG. Spruch 6, S. 47 f.
2 Bonnet, Hans (2000), „Reallexikon der ägyptischen Religionsgeschichte“, 3. unveränderte Auflage, Nikol Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG Hamburg, Seite 851.
- Bonnet, Hans (2000), „Reallexikon der ägyptischen Religionsgeschichte“, 3. unveränderte Auflage, Nikol Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG Hamburg, Seite 849 bis 853 (Uschebti) und Seite 157 f. (Dienerfiguren).
- Helck, Wolfgang und Otto, Eberhard (1999), „Kleines Lexikon der Ägyptologie“, 4. Auflage, MZ-Verlagsdruckerei GmbH, Memmingen, Seite 322 (Uschebti).
- Owusu, Heike (1998), „Symbole Ägyptens“, Schirner Verlag, Darmstadt, Seite 26 (Uschebti).
- Wikipedia (zuletzt aktualisiert: 2021, 24. April), „Uschebti“ (Stand: 21.12.21).
- Universität Wien – Bibliothek, „Uschebti“ (Text: Mag. Angelika Zdiarsky, Foto: Mag. Ariella Sobel, 2009).
- Beitragsbild: viele Uschebti Figuren, Pixabay.
- Figur vor blauem Hintergrund, Pixabay.
- Dienerfigur Bäcker (1), Pixabay.
- Dienerfigur Bäcker (2), Pixabay.
- Dienerfigur Brauer, Pixabay.
- Mehrere Figuren im Museum (Lyon), Wikimedia.
- 5 Figuren im Museum (Lyon), Wikimedia.