Chnum ist ein ägyptischer Schöpfergott und einer der Widdergottheiten. Er gehört zu den Urschöpfern.
Schöpfung auf der Töpferscheibe
Chnums Werkzeug der Schöpfung ist eine Töpferscheibe. Sie wird ihm deshalb gerne als Weihgeschenk dargebracht. Auf ihr formt er den Leib des Kindes, bevor er es in den Leib der Mutter gibt.
Diesen Vorgang zeigen zahlreiche Abbildungen, wo der König von Chnum geformt wird. Chnum formt auf diese Art alle Menschen. Sofern die Götter geschlechtlich gezeugt wurden, formt er auch sie. Nur Götter, die sich selbst aus sich heraus schaffen, waren ihr „eigener Chnum“, wie z. B. Ptah.
In Esne entstand aus dem Geburtsgott ein ägyptischer großer Schöpfergott Chnum. Wieder sitzt er an seiner Töpferscheibe und erschafft aus dem Uranfang die Erde, Götter und Menschen. Auch steht ihm wiederum eine Geburtshelferin zur Seite. Es handelt sich diesmal um Menhit, die mit der Mutter der Götter „Neith“ verschmolz. Beide werden zu Vater und Mutter von allem, was existiert.
Darstellung von Chnum
Chnum wurde entweder in Form eines Widders oder in Form eines Menschen mit dem Kopf eines Widders verehrt.
Ägyptischer Widdergott Chnum
Chnum ist nicht nur ein ägyptischer Schöpfergott, sondern gehört zu den wichtigsten Widdergottheiten des Alten Ägyptens. Ursprünglich nannte man ihn Chnumu. Die Griechen gaben ihm mehrere Namen: Chnumis, Chnubis oder Knuphis.
Vermutlich bedeutet sein Name schlicht: Widder. Chnum wurde an vielen Orten Oberägyptens verehrt, die weit auseinander lagen. Insofern flossen verschiedene Schwerpunkte seines Wesens zusammen. Seine wichtigsten Kultstätten lagen in Elephantine, Esne, Hypselis und Herur. Der Widderkult war in Ägypten sehr verbreitet. Man vermutet, dass viele dieser Kulte in Chnum zusammenflossen.
Der Widder wurde im Alten Ägypten als heiliges Tier verehrt. Widder galten als besonders zeugungswillig und zeugungsfähig. Man fand zahlreiche mumifizierte Widder in Steinsärgen bestattet. Vermutlich entstand der Schwerpunkt des Chnums als Zeuger und Geburtshelfer in Herur.
Durch die Zeugungskraft des Chnum wird eine enge Verbindung zur Geburt hergestellt. Zeugung und Geburt liegen in seinen Händen. Auch gestaltet er den Leib der Kinder. Er formt den Samen, in dem die Gestalt des Kindes ruht. Danach wird der Samen in den Schoß der Mutter eingepflanzt.
In einer sehr alten Vorstellung der Alten Ägypter kommt der Samen aus dem Knochen des Vaters. Der Samen geht dann in den Knochen des Kindes über. In Mammisi von Dendera wird Chnum angeredet: „Du bist es, der das Küken leben lässt im Innern seines Eis und den Samen im Knochen zusammenfügt (…).“2 Das Kind im Mutterleib wird in mehreren altägyptischen Texten als „Küken“ bezeichnet.3
Mit seiner froschköpfigen Gefährtin Heket, die als Geburtsgöttin galt, hilft er bei der Entbindung des Kindes. Daher wird er „Bildner, der belebt“4 genannt.
Zwei Schwerpunkte von Chnum
- Chnum ist Spender des Wassers.
- Chnum ist Urheber allen Lebens.
Beiden Funktionen ist gemein, dass sie im Akt der Schöpfung auftreten:
- Quelle (Spender des Wassers).
- Schöpfer (Urheber allen Lebens).
Chnums Funktion als Spender des Wassers ist an seinem Kultort Elephantine entstanden. Dort stieg der Nil über die Ufer. Chnum selbst bringt die Überschwemmung hervor. Deshalb wird er als Hüter des Nils bezeichnet. Man geht weiter und bezeichnet ihn selbst als Nil. Chnum wurde auch als Herr des Urwassers: „Nun“ verehrt. Mit Anuket und seiner Gemahlin Satet bildete er die göttliche Triade von Elephantine.
Chnum vereinigt vier Götter in sich
Das Wesen von Chnum wurde als eine Vereinigung von vier Göttern beschrieben. Man nannte sie die vier lebenden Bas (Ba=Widder+Seele):
- Ba des Re – Himmel (Elephantine, die Anfangsstadt),
- Ba des Schu – Luft (Esne),
- Ba des Geb – Erde (Hypselis),
- Ba des Osiris – Unterwelt (Herur).
Den vier Bas wurden die vier Machtbereiche und seine vier Kultorte (oben in Klammern gesetzt) zugeordnet.
So wurde Chnum explizit mit allen vier Chnums der großen Kult-Städte verwoben. Er wird entsprechend mit vier Widderköpfen dargestellt. Damit umspannt Chnum die ganze Welt durch die vier großen kosmischen Mächte: Himmel, Luft, Erde und Unterwelt.
Mit Amun, der auch zu den großen Widdergöttern zählt, hat er nur lose und örtliche Verbindung.
Enge Verbindung zu Ptah
Engere Verbindungen bestehen zu Ptah. Chnum hat in Memphis, der Stadt von Ptah, einen eigenen Kult genossen. Beide Götter sind Bildner und beide stehen nebeneinander. Sie werden oft in Formeln miteinander verknüpft: „Chnum hat dich geformt, Ptah hat dich gebildet“.1
Das Wesen von Chnum hat sich immer weiter verändert. Aus römischer Zeit stammen Amulette, wo Chnubis als Schlange erscheint, mit einem Löwenhaupt, der von einem Strahlenkranz umgeben ist. Diese Gestalt weicht erheblich von den vertrauten Abbildungen Chnums ab. Das nahmen Ägyptologen als Anlass, Chnubis von dem ägyptischen Chnum abzulösen.
Doch es besteht kein Grund zur Annahme, dass Götter neben Veränderungen in ihrem Wesen, nicht auch Veränderungen in ihrer Gestalt erfahren können.
Quellen und Einzelnachweise
1 Bonnet, Hans (2000), „Reallexikon der ägyptischen Religionsgeschichte“, 3. unveränderte Auflage, Nikol Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG Hamburg, Seite 139.
2 Der Weg ins Leben von Erika Feucht, Seite 41 (Originalveröffentlichung in: Véronique Dasen (Hrsg.), Naissance et petite enfance dans l’Antiquité, Actes du colloque de Fribourg, 28. Novembre – 1er décembre 2001 (Orbis biblicus et orientalis 203), Fribourg/Göttingen 2004, S. 33-53).
3 siehe ebd. Seite 43
4 Bonnet, Hans (2000), „Reallexikon der ägyptischen Religionsgeschichte“, 3. unveränderte Auflage, Nikol Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG Hamburg, Seite 137.
Bonnet, Hans (2000), „Reallexikon der ägyptischen Religionsgeschichte“, 3. unveränderte Auflage, Nikol Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG Hamburg, Seite 135 bis 140 (Chnum).
- Beitragsbild: Chnum ist Urgott, Adobe Stock.
- Illustration: Chnum und Chepre, Pixabay.
- Relief von Chnum, Wikimedia.
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