Das alte Ägypten

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Symbol Wüste

Die Wüste ist ein Symbol für Prüfungen, die man bestehen muss, um weiterleben zu können. Für jene, die das nicht vermögen, ist die Wüste ein Sinnbild des Todes. Die Wüste stellt man sich als unwirtlich, öde, lebensfeindlich und leer vor. Doch auch in der Wüste gibt es Leben.

Wüstenlandschaften

Denkt man an Wüsten, so hat man meistens die Sandwüsten vor Augen mit ihren hohen Dünen. Doch die Sandwüste ist nur eine Wüste von mehreren, wo die Oberfläche vorwiegend aus Quarzsand besteht. Die Lebensbedingungen sind in Sandwüsten sehr viel härter als in anderen Wüsten.

Neben der Sandwüste gibt es Kieswüsten, Stein- oder Felswüsten, Salzwüsten und Eiswüsten.

Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie entweder vegetationslos oder vegetationsarm sind. In Vollwüsten gibt es zum Beispiel weniger als 10 % ausdauernde Pflanzen. Bei Halbwüsten gibt es 10-50 % ausdauernde Pflanzen. Die Ursachen für die Entstehung von Wüsten sind entweder fehlende Wärme (Kälte- oder Eiswüste), Überweidung oder Wassermangel (Trocken- oder Hitzewüste).

Rechnet man alle Wüsten zusammen, ist etwa ein Fünftel der Landfläche der Erde bedeckt. Wenn man die Halbwüsten dazunimmt, ist sogar ein Drittel der Landfläche der Erde bedeckt. Sie machen ca. 10 % der gesamten Erdoberfläche aus.

Leben in der Wüste

Oase in der Wüste
Auch in der Wüste gibt es Wasser und daher Leben – kleine Oasen.

Neben Gebieten in der Wüste, wo es Wasser gibt und daher Oasen entstehen konnten, gibt es auch Tiere und Pflanzen, die in den vegetationsarmen Wüstengebieten leben, z. B. Kropf-Gazellen, Schneeleoparden und Wölfe, Reptilien, Insekten und Skorpione. Dank der Domestizierung des Dromedars, konnte der Mensch tiefer in die Wüste vordringen und sie zu seinem Lebensraum machen.

Symbol Wüste: Fremde und Selbstfindung

Die Wüste symbolisiert schon sehr lange das Fremde und Andersartige. Das war auch im Alten Ägypten der Fall. Da, wo die Wüste begann, hörte die Welt der Ägypter auf. Sie war eine natürliche Grenze, ein Ort der Fremde, der Andersartigkeit und daher auch bedrohlich. Deswegen wurde die Wüste im Alten Ägypten zum Ort des Seth.

Die Wüste ist aber auch ein Symbol des Rückzugs, der Selbstfindung, der Konzentration auf das Wesentliche. Sie ist geschichtlich gesehen ein Ort, wo spirituelle Erfahrungen gemacht wurden. Sie ist ein guter Platz für Eremiten und Menschen, die für einige Zeit die Einsamkeit suchen, so auch der historische Jesus (der sich 40 Tage in der Wüste zurückzog). Die Wüste als spiritueller Ort belegen viele historische Beispiele, wie zum Beispiel Moses und der brennende Dornbusch oder die Entstehung des christlichen Mönchtums.

Doch auch heute suchen Menschen in der Wüste einen Ort, wo sie sich selbst finden können, zu sich selbst kommen oder sich selbst neu erfinden können. Die Wüste ist leer, sie lenkt einen nicht ab, sie bietet keine Unterhaltung, die den Menschen von sich selbst ablenkt. Ein Aufenthalt in der Wüste kann also zum Lebensweg gehören.

Seth, Gott der Wüste
Seth ist im Alten Ägypten der Gott der Wüste.

Die beiden Gesichter der Wüste

In der Wüste prallen Gegensätze aufeinander: Hitze und Kälte, Unfruchtbarkeit und Leben, wasserlose Gebiete und fruchtbare Oasen. Daher ist die Wüste mit ihren beiden Gesichtern Symbol des Lebens und gleichzeitig Symbol des Todes. Dieses Spannungsfeld fasziniert die Menschen, unabhängig davon, ob sie die Wüste schon besuchten oder (noch) nicht.

Denn dieses Spannungsfeld bedeutet Leben. So gesehen kann die Wüste zu einem Ort und Symbol der Prüfung werden, der Selbstprüfung, was nichts anderes bedeutet, als mit sich selbst in den Kontakt und mit sich selbst (wieder) ins Reine zu kommen. Das bedeutet letztlich sich seinen eigenen Unsicherheiten, Ängsten und Befürchtungen zu stellen.

Die Wüste ist auch ein Ort des Lebens
Die Wüste ist auch ein Ort des Lebens.

Wüste als Symbol und Ort des Totenreichs

Im Alten Ägypten gibt es im Totenreich viele Unwägbarkeiten und lebensfeindliche Gebiete (Sandberge, wo man steckenbleiben kann). Im Totenbuch der Ägypter gibt es eine Passage, wo die Wüste mit dem Totenreich gleichgesetzt wird.

Ein Ausschnitt aus dem Spruch 175 zeigt hervorragend das doppelte Gesicht der Wüste:

… (Osiris spricht:)
O Atum, was soll es,
dass ich zur Wüste des Totenreichs dahineilen soll?
Sie hat kein Wasser, sie hat keine Luft,
sie ist ganz tief, ganz finster, ganz unendlich!“

(Atum) „Du lebst dort im Frieden des Herzens.“
(Osiris) „Aber dort lässt sich ja keine Wollust finden.“
„Ich habe Verklärtheit gegeben an Stelle von Wasser, Luft und Wollust,
und Frieden des Herzens an Stelle von Brot und Bier“,
sprach ATUM.
1

In Form eines Zwiegesprächs vertritt Osiris den verständlichen Standpunkt, die Wüste als lebensfeindlich zu deuten. Doch Atum bringt ihm die andere Sichtweise näher, zumindest versucht er es. Seiner Perspektive nach bedeutet die Wüste des Totenreichs Leben. Er spricht sogar von Verklärtheit, von Frieden im Herzen und damit von einer Umwandlung der Seele, die unendlich lange lebt.

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Quellen und Einzelnachweise

1 Hornung, Erik (eingeleitet, übersetzt und erläutert), „Das Totenbuch der Ägypter“, 2. Auflage 2000, Artemis & Winkler Verlag, ppb-Ausgabe 1998 Patmos Verlag GmbH & Co. KG. Spruch 175, Seite 366.

  • Wikipedia (zuletzt aktualisiert: 2021, 16. Dezember) „Wüste“ (Stand: 25.12.21).
  • Prof. Dr. med. Daniel Hell, Wüste als Symbol, Ort des Zu-sich-Kommens (Stand: 25.12.21).