Das königliche Sedfest (ägypt. heb sed) war ein Jubiläumsfest im Alten Ägypten, das (offiziell) nach 30 Regierungsjahren des Pharaos gefeiert wurde und danach in wesentlich kürzeren Zeitabständen von 3 Jahren. Es hatte zum Ziel, den König in seinem Amt durch göttliche Legitimation (Vorsehung) zu bestätigen und seine Herrschaft zu erneuern.
Das Sedfest spielte eine zentrale Rolle in der altägyptischen Königsideologie. Über die Bedeutung des Sedfestes gibt es verschiedene Interpretationen, die aufgrund von altägyptischen Darstellungen vorgenommen wurden.
Bedeutung des Namens „Sedfest“
Bei der Bezeichnung „Sedfest“ (ägypt. heb sed -> Fest des sd) wird ein Teil der Bezeichnung sd (für sed) nicht übersetzt. Denn man ist sich über seine Bedeutung bis heute nicht ganz klar. Es gab jedoch mehrere Versuche „sed“ zu übersetzen.
- sd steht für den Schakalgott Sed. Daher steht es in einer sehr engen Verbindung mit dem Gott Sed. Doch er tritt nicht selbst im Sedfest auf, wohl aber der Schakalgott Upuaut als „Öffner der Wege“.
- sd bezeichnet einen Teil eines Tierschwanzes, der wiederum auf das Vorbild des Schakalschwanzes zurückgeht. Dabei handelt es sich um eine archaische Häuptlingsikonografie, die dem Thronfolger am Tag seiner Krönung überreicht wurde.
- sd ist die Bezeichnung eines mantelartigen Kleidungsstück, das der König während des Sedfestes trug.
Die dritte These wird am wahrscheinlichsten angesehen, denn das Empfangen und Ablegen des Sedfest-Gewands kommt in rituellen Episoden vor. Die zweite These wurde verworfen, da der getragene Schwanz am Schurz anders bezeichnet wurde, und die erste These ist schwer zu belegen aufgrund der Quellenlage. Trotz der Bevorzugung der dritten These lässt sich die Bedeutung von sd nicht sicher belegen. Deshalb blieb man bei der Bezeichnung „Sedfest“.
Sedfest – Probleme bei der Deutung
Es gibt ausschließlich Abbildungen, um die Ritualabläufe des Festes zu rekonstruieren. Oft hat man es mit Sedfestformeln zu tun, die vom König handeln, der beim Sedfest als Empfänger auftritt. Diese Formeln sind jedoch stereotyp, erstarrt und wurden oft kopiert – es scheint kein Realitätsbezug vorzuliegen. Das bedeutet, dass man es vermutlich nicht immer mit echten Sedfesten zu tun hatte, die auch tatsächlich begangen wurden, sondern man wünschte dem König, dass er sein Sedfest und viele Wiederholungen erlebt.
Denn das erste Sedfest wurde erst nach 30 Regierungsjahren begangen, alle weiteren daran anschließend im 3-Jahres-Rhythmus. Viele Herrscher regierten weit weniger als 30 Jahre und erlebten es nie. Vielleicht ist das der Grund, warum es keine umfangreichen Informationen über das Sedfest gibt. Einige Könige feierten das Sedfest einfach vor Ablauf der 30 Jahre, darunter z. B. Hatschepsut und Semerchet. Doch das schien nicht die Regel gewesen zu sein. Insofern gibt es vergleichsweise wenig Material über echte, d. h. tatsächlich gefeierte Sedfeste.
Sedfestbelege sind recht lückenhaft. Die umfangreichsten Sedfestbelege finden sich z. B. durch Reliefes im Sonnenheiligtum des Niuserre in Abu Ghurob; im Tempel Amenhoteps III. in Soleb; im Grab des Cheruef des Güterverwalters der Hauptgemahlin Amenhoteps III., Teje und am Sedfesttor Osirkon II. in Bubastis. Trotz vieler Forschungsarbeiten konnte die ursprüngliche Bedeutung des Sedfestes bis heute nicht sicher geklärt werden.
Man ist sich auch nicht einig darüber, wo das Sedfest stattfand. Denn aus den bildlichen Darstellungen konnte man keinen Ort herauslesen, ebenso wenig, wie aus dem Namen des Königs. Man weiß nur, dass es landesweit gefeiert wurde. Das bedeutet, dass es jeder Landestempel auf seine Art feiern, nachstellen und in Reliefs darstellen konnte.
Rituelle Elemente des Sedfestes
Altägyptische Abbildungen zeigen rituelle Zeremonien, die Bestandteil des Sedfestes waren. Doch über den genauen Ablauf der vollzogenen Rituale ist man sich nicht im Klaren. Es ist schwierig ein einheitliches Muster in den Abläufen zu entdecken, da sie variieren bzw. nicht klar genug chronologisch dargestellt sind. Dennoch gibt es viele Versuche die verschiedenen rituellen Elemente des Sedfestes in einen sinnvollen Ablauf zu bringen.
Der folgende grobe Ablauf ist nur eines von mehreren Beispielen. Wichtig in diesem Zusammenhang sind die rituellen Hauptthemen des Sedfestes:
- Anfangsprozession
- Löwenmöbelszene (Thronbesteigung; vier Throne für alle vier Himmelsrichtungen)
- Krönung und Huldigung
- Besuch von Götterkapellen und Hebsedlauf
- Viehvorführung und Opferzuweisung an die Götter
- Sänftenprozession
Die letzten drei Abschnitte, 4, 5 und 6 wurden in ein ober- und unterägyptisches Kapitel geteilt, da der König die entsprechende Landeskrone von Ober- oder Unterägypten trug und die dazugehörigen Stätten aufsuchte. Im obigen Ablauf handelt es sich um 6 übergeordnete Hauptthemen, die bei jedem Sedfest vorkommen. Ihre noch wesentlich genauere Unterteilung und Ausdifferenzierung kann in Quellen nachgelesen werden, die unterhalb des Artikels zu finden sind.
Prozessionen und Reinigungshandlungen
Prozessionen gehörten zu jedem ägyptischen Fest, wozu auch das Horusgeleit und die Prozessionen mit Götterstandarten zählen. Jeder Ortswechsel des Königs bedeutete eine Prozession, die nicht nur einen Ortswechsel anzeigte, sondern auch das Voranschreiten des Rituals. Auch vollzog man Jubelprozessionen, z. B., nachdem der König auf seinem Löwenthron gekrönt wurde. Sänger und Tänzer traten auf und Menschen mit Löwenmasken, die den König und die Götter lobpreisen. Manche Ortswechsel, z. B. wenn der König bestimmte Kapellen besuchte oder bevor er Opfer darbrachte, wurden von Reinigungsepisoden begleitet, für die die Reinigungspriester zuständig waren.
Der Hebsedlauf bzw. der „Umzug um die Mauern“ symbolisierte die erneute Inbesitznahme des Reiches, über das der König weiterhin regieren soll. Er sorgte dafür, dass auch in Zukunft die Ordnung der Maat durchgesetzt wird.
Thronbesteigung und Krönung
Es ist zu unterscheiden zwischen einer Thronbesteigung und einer Krönung. Das spielte vor allem bei der Erstkrönung eine wichtige Rolle. Denn hier war der König für die Bestattung seines Vorgängers verantwortlich. Zwischen beiden Ereignissen konnten also mehrere Wochen liegen. Es handelte sich um zwei unterschiedliche Akte, ebenso der damit verbundene Status. Bei einer Thronbesteigung befand sich der künftige König in einer Art „Wartemodus“, obwohl er schon die Regierungsgeschäfte übernommen hatte. Selbst, wenn er von seiner Geburt her den Thron besteigen durfte, fehlte noch die göttliche Legitimierung. Er musste also die richtige genealogische Abstammung haben und eine Gotteswahl nachweisen (z. B. durch Orakel).
Vor der eigentlichen Krönung wurde der künftige Pharao gereinigt. Denn sie umfasste den Empfang der oberägyptischen und unterägyptischen Krone (Vereinigung beider Länder), ebenfalls das Uräen-Diadem und die Anerkennung/Legitimation durch die Gottheit. Im Anschluss besuchte der König ober- und unterägyptische Kapellen und das Allerheiligste im Tempel.
Nähe des Sedfestes zur Erstkrönung
Da das Sedfest eine große inhaltliche Nähe zur Krönung und Thronbesteigung des Königs aufweist, ist es wahrscheinlich und nachvollziehbar, dass viele Riten der Erstkrönung auch beim Sedfest vollzogen wurden. Das dürfte der Grund sein, warum eine eindeutige Zuordnung zur Erstkrönung bzw. zum Sedfest schwierig oder gar unmöglich ist.
Jubiläum: Das Sedfest als ein Dreißigjahrfest
Beim Sedfest handelte sich um ein Jubiläum des Königs, nachdem er 30 Jahre lang regiert hatte und das deshalb gefeiert wird, um seine Macht zu bestätigen und ihm neu zu verleihen, und zwar von höchster Stelle aus: von den Göttern selbst. Die Priester handelten stellvertretend für die Götter – sie trafen keine eigenen Entscheidungen.
Nach diesem ersten Sedfest folgten weitere Sedfeste in einem kürzeren zeitlichen Abstand von jeweils drei Jahren. Das Sedfest war eine gewaltige Zurschaustellung der königlichen Macht. Der König dankte, indem er Stiftungen und Geschenke darbrachte. Das konnten z. B. das Errichten von neuen Tempeln, Tempelteilen oder das Aufstellen von Obelisken sein.
Wie oben erwähnt, gab es Könige, die vor Ablauf der 30 Jahre das Sedfest feierten. Eine Quelle wurde im Grab des Semerchet gefunden, ein Siegel, dem eine besonders wichtige Bedeutung gegeben wurde. Es entstand anlässlich eines Sedfestes des Semerchet. Die Regierungsjahre des Semerchet (1. Dynastie), bevor er das Sedfest beging, sind eindeutig belegt: Es sind 8 bzw. 9 Regierungsjahre. Damit wurde bewiesen, dass die Erstbegehung der Feier auch vor dem 30. Regierungsjahr stattfinden konnte. Über die Gründe lässt sich nur mutmaßen. Vielleicht lag es auch an einer situativen Krise, die durch das Sedfest abgewendet werden sollte. Darauf deuten beschleunigte Bautätigkeiten seines Grabes hin, denn es fehlt z. B. eine Treppe zum Grab – stattdessen gibt es nur eine Rampe.
Letztlich muss man jedoch festhalten, dass die wenigsten Pharaonen das 30. Regierungsjahr erreichten und einige von ihnen das Sedfest daher früher feierten.
Der Königsmord als Ursprung des Sedfestes
In der Ägyptologie war die Theorie über den Königsmord zu Beginn sehr populär. Sie besagte, dass man den König rituell tötete, bevor er zu schwach wurde, um auch weiterhin ein guter Herrscher zu sein. Die Kräfte musste man also rechtzeitig am Sedfest an den künftigen Herrscher übertragen. Doch sehr bald setzte sich die Ansicht durch, dass nicht der reale Herrscher, sondern nur eine Statue rituell erschlagen und bestattet wurde. Daraufhin konnte der reale König nach dieser Zeremonie wiederauferstehen und seine (eigene) Nachfolge antreten. Doch auch diese Deutung konnte sich nicht durchsetzen, da Quellen herangezogen wurden, die mit dem Sedfest in keinem Zusammenhang stehen, sondern mit dem Mundöffnungsritual.
In den Sedfestdarstellungen und -texten gibt es keine Episoden über die Tötung oder die Wiederauferstehung des Königs. Deshalb setzte sich die Theorie vom realen oder rituellen Königsmord, sowie seiner Wiederauferstehung nicht durch.
Erneuerung königlicher Legitimation
Anhand der bildlichen und textlichen Darstellungen über die Elemente des Sedfestes ging es im Alten Ägypten primär um die Erneuerung aller besonderen Fähigkeiten und Rechte des Königs. Der König wurde von den Göttern bzw. der Vatergottheit eingesetzt. Das Sedfest wiederholte rituell die Vorgänge der Königswahl durch den göttlichen Vorgänger und der Krönung des Auserwählten. Die Alten Ägypter hatten das starke Bedürfnis nach Erneuerung und Bestätigung des „Status quo“ ihres Herrschers. Als Stellvertreter des herrschenden Gottes war der Pharao auch weiterhin für die Existenz und das Fortleben eines geordneten Kosmos zuständig.
Wandel in der Bedeutung des Sedfestes
Es liegt nahe, dass sich innerhalb von 3000 Jahren der altägpytischen Geschichte auch die Bedeutung des Sedfestes veränderte.
Der Schwerpunkt des Sedfestes auf den Darstellungen im Alten Reich liegt auf einer erfolgreichen Herrschaftsausübung des Königs. Die späteren bubastidischen Reliefs hingegen zeigen Themen der Erneuerung der Designation und Legitimierung des Herrschers durch die Götter. Die Hauptfunktion des Festes, die Erneuerung der Macht des Königs, welche ihm die Götter verliehen, wurde nach den Vorstellungen der Alten Ägypter nicht nur im Diesseits, sondern auch im Jenseits gefeiert. Das ist durchaus nachvollziehbar, denn der König sollte ewig herrschen.
Quellen
- Ritualepisoden. Das Sedfesttor Osorkons II. in Bubastis (pdf.), Dissertation (Dr. phil.) von Eva Roswitha Lange, Universität Leipzig, 2008.
- Das Sedfest des Semerchet (pdf.), von Eva-Maria Engel (Münster), Originalveröffentlichung in: Göttinger Miszellen – Beihefte 3, 2008, S. 11-14; Online-Veröffentlichung auf Propylaeum-DOK (2021).
- Wikipedia (zuletzt aktualisiert: 2021, 30. November) „Sedfest“ – altägyptisches Fest (Stand: 24.07.2024).
- Ägyptologie Forum (aktualisiert am 17.08.2004): Hebsed (Sed-Fest).
- Bonnet, Hans (2000), „Reallexikon der ägyptischen Religionsgeschichte“, 3. unveränderte Auflage, Nikol Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG Hamburg, „Dreißigjahrfest“ auf Seite 158 ff.
Beitragsbild von Wikimedia – Sedfestival, Tempel von Montu.