Im Alten Ägypten lassen sich die Gottheiten in zwei grobe Kategorien einteilen: Ortsgötter (auch lokale Götter) und kosmische Götter. Deren Grenzen müssen jedoch fließend gedacht werden. Im Alten Ägypten wurde die Stadt als „Haus“ des Gottes, des Ortsgottes betrachtet. Dieser war für alles zuständig, was zum alltäglichen Leben gehörte.
Gott als Erfahrung einer Kraft
„Gott“ bezeichnete im damaligen Ägypten die Erfahrung einer Kraft, die nicht-sinnlich, aber in ihrem Wirken erfahrbar war. Diese Kraft konnte alles Mögliche sein und wurde durch ein „geheimes Schauern“ erfahrbar, zum Beispiel:
- beim Anblick einer erhabenen Bergspitze,
- eines fesselnden Kunstwerkes,
- eines stimmungsvollen Sonnenaufgangs etc.
Auch in Menschen, von denen Kraft und Würde ausgingen, sah der Ägypter das Walten des Göttlichen. Das galt ebenso für Tiere, die von ihren Fähigkeiten den Menschen oft überlegen waren.
Götterbilder und Kultobjekte waren Medien, in denen die Gottheiten Ägyptens wohnten. Aber kein Medium vermochte eine göttliche Kraft ganz zu fassen, weshalb die Ägypter kein Problem mit unterschiedlichen Darstellungen eines Gottes hatten. Die Gottheit wurde durch Rituale täglich wieder in das Medium hineingezogen. Sie konnte sich aber auch in anderen Medien ausdrücken, welche die Gottheit selbst attraktiv fand, z. B. in einer Bergkuppe, dem Blühen einer Blume usw.
Personifizierung von konkreten Eigenschaften
Alle Götter, auch die Ortsgötter im Alten Ägypten, waren eigentlich unpersönlich und hatten meist keine Eigennamen. Stattdessen unterschied man diese Kräfte unter anderem nach ihren Eigenschaften, so z. B. „der Bekrallte“ (Anti) und „die Mächtige“ (Sachmet). Oder aber man unterschied sie nach ihren Wohnstätten, z. B. „der von Behedt“ (Behedeti), „die von Necheb“ (Nechbet).
Den Tieren wurden Denken und bewusstes Handeln unterstellt. Sie hatten die Fähigkeit, nach Menschenart zu wirken und zu handeln. Allerdings waren sie spezialisierter und dadurch den Menschen überlegen. Daher stellte man die Tiere mit menschlichen Gliedern dar, um ihre göttliche Überlegenheit i. V. mit einer besonderen Eigenschaft zu verdeutlichen. Ein gutes Beispiel sind die verschiedenen Falkenkulte, die im Alten Ägypten sehr beliebt waren. Horus dürfte wohl der bekannteste Falkengott sein, nicht nur in der heutigen Zeit, sondern auch damals im Alten Ägypten. Er wurde als Mensch mit Falkenkopf oder als Falke dargestellt und verehrt.
Ortsgötter mit kosmischen Kräften
Auch die Ortsgötter im Alten Ägypten konnten Merkmale von kosmischen Göttern haben bzw. sich im Laufe der Zeit zu kosmischen Gottheiten entwickeln. Denn nicht nur die Welt verändert sich, sondern auch die Menschen und Götter, welche in der Welt wirken.
Ein schönes Beispiel dafür ist Amun, der ursprünglich ein Ortsgott von Theben war. Er war Fruchtbarkeits-, Zeugungs- und Lichtgott. Auch als Ortsgott hatte er kosmische Kräfte. Denn er gehörte als Urgott schon zuvor der Achtheit von Hermopolis an. Später verschmolz er mit Re zu Amun-Re und wurde mit dem Sonnengott Re gleichgestellt. Er erlangte den Status eines Reichsgottes. Seine steile Karriere kann sich durchaus sehen lassen.
Das Göttliche wohnt im Menschen
Im Alten Ägypten wirkten die Götter in den Gliedern und den Organen des Menschen:
In den Totentexten wurde jedem Glied ein Gott zugeordnet, wodurch der einbalsamierte Körper vergöttlicht wurde. Die Absicht war die körperliche, langfristige Unversehrtheit des Toten. „Es ist kein Teil an ihm ohne einen Gott von seinem Kopf bis zu seinen Füßen.“ (Erman)
Das Herz wurde als Gott des Menschen angesprochen. Der Mensch war ihm in seinem Handeln und Sein verhaftet. Sein Charakter und Leben wurde von Göttern gestaltet, aber nicht so, dass er keine Willensfreiheit mehr hatte. Er konnte ihm widerstreben, lebte dann aber in „Sünde“. Folgte er den Weisungen, die ihm von seiner inneren „göttlichen Stimme“ eingegeben wurden, dann lebte er „in der Gnade des Gottes, der in ihm war“. Das galt übrigens auch für jene, die Seth in sich trugen.
Neben der dauernden göttlichen Einwohnung im Menschen gab es die zeitweilige Einwohnung von anderen göttlichen Kräften oder Dämonen, die dann aber Krankheiten auslösen konnten.
Ortsgötter und kosmische Götter
Beiden Götter-Gruppen ist gemeinsam, dass sie ihre Existenz einem sehr starken Gefühl der Ergriffenheit und des Staunens der Menschen verdanken. Im Unterschied zu den eher lokalen Gottheiten (= Ortsgötter) ist dieses Gefühl zu den kosmischen Göttern aber nicht so persönlich und tiefgreifend. Denn es betrifft die Natur mit ihren Wundern und nur selten persönliche Belange, die in der Regel existenzieller erlebt werden.
Quellen
Bonnet, Hans (2000), „Reallexikon der ägyptischen Religionsgeschichte“, 3. unveränderte Auflage, Nikol Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG Hamburg, Seite 218 bis 228 (Gott, Gott im Menschen).
- Beitragsbild: Lokale Gottheit Nechbet, dargestellt als Geier, Wikimedia.
- Min und Month, Wikimedia.
- Behedeti, die geflügelte Sonne, Pixabay.
- Amun-Stele, Wikipedia.
Macht mal mehr Bilder!!!!
He, wenn du mehr Bilder willst, es gibt INTERNET, wo man sich das anschauen kann.
das stimmt
gut informiert