Bei Neith, der ägyptischen Göttin des Krieges, handelt es sich um eine sehr alte Göttin, die im Laufe der Zeit an Bekanntheit verlor. Ihr Name bedeutet übersetzt: „Die Schreckliche“, was sehr gut zu ihrer Funktion einer Kriegsgöttin passt.
Darstellungen der Kriegsgöttin Neith
Sie ist von menschlicher Gestalt und trägt als Kopfschmuck meist die Krone Unterägyptens. Ihr Name lässt eine Verbindung zu Unterägypten vermuten, was auch ihr Kultort „Sais“ zu bestätigen scheint.
Ihre ursprünglichen Wurzeln weisen Neith als Göttin des Krieges aus. Das passt zu ihrem Kultsymbol: zwei sich kreuzende Pfeile, teils mit Bogen und teils mit Schild, die sie in ihrer Hand hält. Manche Schriften deuten an, dass sie die Pfeile erschaffen hat. In einigen Abbildungen trägt sie beide Pfeile als Kopfschmuck.
Ein weiteres Symbol, das auf manchen Abbildungen das Haupt Neith schmückt, gab Anlass zu Spekulationen. Es handelt sich um ein rechteckiges Gebilde, mit zwei haken-ähnlichen, sich verzweigenden Enden. Sie sind an den schmalen Seiten des Rechtecks angebracht:
In manchen Abbildungen, wie auch im Beitragsbild, trägt Neith dieses Zeichen auf ihrem Kopf, allerdings aufgestellt und nicht, wie hier abgebildet, liegend. |
Es gibt hierfür keine zufriedenstellende und sichere Deutung. Manche sehen in dem Symbol ein Bogenfutteral, was passen könnte, andere wiederum ein Webe-Schiffchen, (welches man zum Weben von Stoffen und Teppichen verwendet), was aber eher unwahrscheinlich ist.
In den Texten wird Neith gerne als jemand bezeichnet, der „die Wege öffnet“. So schreitet sie als Kriegsgöttin voran, gefolgt vom König und seinen Heeren. Sie segnet die Waffen, nicht nur für den Krieg, sondern auch für das Jagen von Tieren.
Göttin des Wassers und Mutter des Sobek
Ein anderer Wesenszug war noch wichtiger. Neith galt schon in sehr alten Schriften als Mutter des Krokodilgottes Sobek (auch Suchos genannt). Neith ist „Herrin des Meeres“ bzw. „Göttin des Wassers“, oder gar „Tochter des Nils.“
Damit kam sie in die Nähe der kuh-köpfigen Göttin Methyer und verschmolz mit ihr. So wurde sie selbst auch als Kuh dargestellt. Da die Kuh mit der Himmelskuh gleichgesetzt wurde, ist Neith die Mutter des Re und Urgöttin, aus der alles entstand. Sie wird teils mit Amaunet identifiziert und dadurch zur Begründerin der Achtheit.
Die Namenskombination „Suchos-Neith“ zeigt ebenfalls den Beginn der Schöpfung an. Im alten Ägypten war es unüblich, einen weiblichen mit einem männlichen Namen zu kombinieren. Es gab nur einen Grund, dies zu tun. Man wollte damit ausdrücken, dass es vor der Schöpfung weder männlich noch weiblich gab.
Neith als Schutzgöttin der Toten
Neith ist nicht nur Göttin des Krieges, sondern auch Schutzgöttin. Das dürfte mit ihrem kriegerischen Wesen zusammenhängen. Die ägyptische Göttin Neith schützt den Schlafenden. Sie verfügt über Zauberformeln, die vor dem Bauen von Gebäuden gesprochen wurden.
Des Weiteren scheint ihr Schutz auch die Heilkunst zu umfassen. Eine Inschrift gibt Zeugnis über ihre Heilkunst in den Orten Sais und Heliopolis.
Ihre Aufgabe umfasst den Schutz der Toten. Neith gehört mit Isis, Selket und Nephthys zur Vierheit der Schutzgöttinnen. Sie halten Wache am Lager des Osiris. Mit ihren ausgebreiteten Händen, die teils als Flügel dargestellt wurden, bilden sie gemeinsam einen magischen Kreis der Vierheit. Dadurch wird das Böse, welches aus allen vier Himmelsrichtungen kommen kann, abgewehrt. Ihre Gesichter blicken in Richtung des Toten.
Sie sind auch für den Schutz der Kanopen zuständig. In den Kanopen befanden sich die Eingeweide des Verstorbenen. Neith wurde zumeist die Kanope des Duamutef zugewiesen, in der sich der Magen des Verstorbenen befand (-> Kanopengötter).
Später erhielt Neith einen Beinamen: „Herrin des Balsamierungshauses“. Denn sie wirkt ihren Schutz durch die Binden, mit welchen man die Toten einwickelte. Den Grund Neith als Schutzgöttin der Weberei anzusehen, vermutet man in ihren Haupt-Kultort Sais. Sais war ein Zentrum der Gewebefabrikation. Eine Beziehung zur Webe-Kunst allerdings konnte durch keine Schrift belegt werden. Deshalb ist es unwahrscheinlich, dass ihr rechteckiges Symbol ein Webe-Schiffchen darstellen soll.
Neith – Königsgöttin
In Sais gab es ein „Haus der Biene„, das Zeichen des unterägyptischen Königs, Osiris. Neith wird als seine „Vorsteherin“ bezeichnet. Sie muss in der Vorzeit eine sehr wichtige Rolle gespielt haben.
Später tritt sie deutlich in den Hintergrund. Das dürfte auch damit zusammenhängen, dass Sais selbst an Bedeutung verlor. Denn die Aufmerksamkeit wurde auf Oberägypten gelenkt. Als Sais in der 26. Dynastie wiederum zur Hauptstadt wurde, blühte auch der Kult von Neith erneut auf. Sie wird zur Königsgöttin, welche dem Herrscher die Krone übergibt.
Dennoch hängt ihre Bekanntheit nicht nur mit politischen Ereignissen zusammen, sondern ist in ihrem Wesen zu suchen, was alte Texte bezeugen.
Neith und Osiris
Eine enge Verbindung entstand zu Osiris, da Neith die Toten beschützt. In Sais hatte Osiris eine wichtige Funktion inne. Als Stadtgöttin von Sais wird die Bindung von Neith zu Osiris weiterhin bekräftigt. Deshalb verwundert es nicht, dass Neith mit dem Mythos seiner Wiederauferstehung in Zusammenhang gebracht wird. Ihre Verbindung zum Mythos wurde durch die Kuh hergestellt. Denn als Kuh stellt Neith Osiris wieder her. Neith ernährt ihn und wird damit zu seiner Mutter. Auch verschmilzt sie mit der Sonnenscheibe selbst: mit Atum. Denn die Himmelskuh gebiert die Sonne täglich aufs Neue.
Mit Isis verschmolz Neith nicht wirklich, obwohl sie einige Male als Isis bezeichnet wird. Durch ihre Nähe zu Osiris entstand zwangsläufig eine Nähe zu Isis.
Quellen
- Bonnet, Hans (2000), „Reallexikon der ägyptischen Religionsgeschichte“, 3. unveränderte Auflage, Nikol Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG Hamburg, Seite 512 bis 517 (Neith).
- Helck, Wolfgang und Otto, Eberhard (1999), „Kleines Lexikon der Ägyptologie“, 4. Auflage, MZ-Verlagsdruckerei GmbH, Memmingen, Seite 200 (Neith).
- Wikipedia (zuletzt aktualisiert: 2020, 7. Juli), „Neith (ägyptische Mythologie)“ (Stand: 04.02.2022).
Beitragsbild: Neith, Pixabay.